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Freiheit für Hunde – wie kann das aussehen? Wollen Hunde überhaupt frei sein? Darüber habe ich im letzten Blogbeitrag nachgedacht: https://www.diehundephilosophin.de/blog/tierpsychologie/einem-hund-die-freiheit-schenken/

Fünf Freiheiten für Tiere sind seit langem die Basis für den internationalen Tierschutz

 

(vgl. z.B. http://www.companionanimalpsychology.com/2017/01/the-five-domains-model-aims-to-help.html). Das bezieht sich sowohl auf „Nutztiere“ wie auf „Haustiere“. Diese fünf Freiheiten sind:

  • Freiheit von Hunger und Durst
  • Freiheit von Unwohlsein („discomfort“)
  • Freiheit von Schmerz, Verletzung und Krankheit
  • die Freiheit, Normalverhalten zu zeigen 
  • Freiheit von Angst und Stress

Als Philosophin fällt mir auf: es sind vier Freiheiten „von“ etwas, nur eine Freiheit „zu“ etwas. Die Freiheiten „von“ erscheinen mir in Bezug auf Hunde relativ unproblematisch (es geht ja nicht um ein Recht, z.B. niemals Angst zu empfinden, sondern es geht um Richtlinien für Haltungsbedingungen)-

die Freiheit, Normalverhalten zu zeigen, ist in Bezug auf Hunde sicherlich die schwierigste. 

Warum? Weil es schwierig wird, sich auf Normalverhalten zu einigen! Das Normalverhalten des Hundes ist sicher nicht das des Wolfes. Ist Normalverhalten das, was wir im Deutschland der 2000er-Jahre sehen? Sehen wollen? Durch Erziehung zu erreichen versuchen? Wenn wir bedenken, dass etwa 2/3 der Hunde weltweit ohne Besitzer leben, ist für sie Normalverhalten sicher etwas ziemlich anderes.  Und wenn wir diese Hunde nach ihrer Freiheit und ihrem Freiheitsstreben fragen könnten – was würden sie sagen? Würden sie ihre scheinbare Freiheit gern gegen ein weiches Hundebett und regelmäßiges Essen eintauschen? Oder würden sie die Freiheit, eigene Wege zu gehen, bevorzugen? (Könnte irgendjemand das entscheiden, der nicht beide Alternativen kennt?)

Ich würde behaupten, zu der Freiheit, Normalverhalten zu zeigen, müsste für einen Hund auch gehören:

  • Essen und Kauobjekte gegen andere Hunde und Menschen verteidigen
  • ein Sexualleben haben und sich Sexualpartner aussuchen
  • Wildtiere jagen, töten und fressen
  • sich in Aas und Kot wälzen (und danach nicht geduscht werden)
  • Eindringlinge (aka „Besucher“, „Postboten“ & Co) von der eigenen Behausung, wahlweise dem eigenen Territorium, fernhalten
  • Pinkeln und Kacken wann und wo sie wollen; mit Kot und Urin markieren, soviel sie wollen

Spätestens jetzt fällt uns auf, dass wir so viel Freiheit vielleicht doch für Hunde nicht wollen!

Oder: dass Freiheit immer eine Kehrseite hat, nämlich Rücksichtnahme auf andere und deren Freiheit(en). 

„Für aufgeklärte Menschen ist ohne Weiteres einsichtig, dass man jedem Mitglied der Gemeinschaft ebenso viel Freiheit zugestehen muss, wie man für sich selbst fordert. Jeder hat das Recht auf die gleiche Freiheit, und wo immer Freiheit eingeschränkt wird, muss dies um der größeren Freiheit aller willen geschehen. Dies bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der Allgemeinheit.“, schreibt die Philosophin Annemarie Piper (und denkt dabei sicher nicht an Hunde). 

Freiheit heißt nicht, jederzeit alles tun und lassen zu können, was einem einfällt. 

Aber ich finde, es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob wir unserem Hund nicht etwas mehr Freiheit zugestehen können und wollen, als wir es im Alltag tun.

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Für viele Hundebesitzer ist diese Vorstellung (immer noch) mit Angst verbunden: ein Hund, der manchmal solche kleinen Freiheiten hat, könnte „dominant“ werden. Er könnte die Weltherrschaft an sich reißen, der Familie auf dem Kopf herum tanzen, nicht mehr „hören“.

Wenn man sich anschaut, was wir alles im Leben unserer Hunde bestimmen und kontrollieren (Fressen, Trinken, Zugang zu Räumen, Aufenthaltsort, Sexualleben, Möglichkeit zu Körperausscheidungen, Wege, körperliche Betätigung, Körperstellung…) ist das erstmal sehr, sehr unwahrscheinlich. Und wenn man sich anschaut, wie die allermeisten Hunde mit dieser Unterdrückung umgehen (gelassen, freundlich, zufrieden) erst recht. Da muss man gar nicht in die Wissenschaft der Dominanztheorie einsteigen, um zu sehen, dass diese Angst unbegründet ist.

Nach allem, was ich über Hunde weiß, scheint es zudem so zu sein, dass die allermeisten Hunde gar keine „Bestimmer“ sein wollen. Sie richten sich gern nach einem anderen, fügen sich gern in eine Gruppe ein, machen gern Sachen zusammen. Aber in dieser Gruppe, in dieser Harmonie, können wir ihnen ein paar kleine Freiheiten lassen, ohne uns einen Zacken aus der Krone zu brechen!

Ich habe einige Ideen für solche kleinen Freiheitsgeschenke gesammelt.

Nicht alles passt für jeden Hund. Ihr könnt Euch meine Liste hier als pdf kostenlos herunterladen (einfach auf das untenstehende Bild klicken) und schauen, was ihr mit eurem Hund ausprobieren mögt.

Ich freue mich über Erfahrungsberichte! 

 

freiheitsgeschenke

 

 

 

Comments
  • Socke-nHalterin

    Das sind sehr schöne Gedanken und ich bin mir sicher, dass Socke, die zwar gern, vielleicht tibitypisch, einmal den Weg bestimmt, kein Bestimmer sein möchte. Das ist ihr zu anstrengend.
    Vielmehr scheint sie die Versorgung, Betreuung und Bespaßung als ihr Recht anzusehen und es einzufordern.

    Witzig finde ich, dass Socke die von Dir genannten Freiheiten gar nicht mögen würde. Socke liebt zum Beispiel die Leine, die eine Verbindung zu uns schafft und Socke Kontrolle über uns gibt. Wie gerne würde ich Socke ohne Leine laufen lassen, aber sie bleibt dann oft zurück….

    Socke darf uns zum Spielen auffordern. Socke war bei ihrem Einzug sehr zurückhaltend und die damalige Hundetrainerin meinte, wir sollten die Spielaufforderung von Socke immer annehmen. So sucht sie Kontakt, checkt Stimmungen ab. Dieser Rat wird bis heute befolgt, auch wenn es immer heißt der Halter hat das Spiel zu beginnen und zu beenden.

    Ruheplätze sind von Socke immer frei wählbar. Gut finde ich aber die Idee die Art des Wartens frei entscheiden zu lassen……

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke, die es sehr schade findet, dass wir nicht in der Nähe wohnen. Wie gerne würde ich einmal eine Übungsstunde bei Dir nehmen

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