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Es gibt ja so Situationen, die versucht man als Hundehalter einmal zu durchdenken, bevor sie passieren. Zum Beispiel: Was man tut, wenn der Hund einmal weglaufen sollte. Oder: Was man tut, wenn der eigene Hund von einem anderen Hund angegriffen wird.

Tja, Nummer eins hat geklappt, Nummer zwei – geht so.

Und das kam so.

Mir gings gestern nicht so toll, und Habca und ich beschlossen, mit dem Bus auf die andere Rheinseite zu fahren und dort Richtung Winterhafen zu laufen. Es war leer, mieses Wetter, Habca lief ohne Leine. Ich rief sie ins „bei mir“ (so eine Art weniger strenges „Fuß“, das ich von der Hundeakademie kenne), weil Leute was von einem Schiff abluden und ich nicht wollte, dass sie da gucken geht. Eine Frau mit kleinem Mix an der Leine kommt uns entgegen, der Hund voraus. „Na, dann geh mal gucken“, sage ich zu Habca. Die Frau ruft: „Kennen die sich?“.

„Nein“, sage ich, und „Guten Tag“, und sie sagt: „Meiner ist gelegentlich aggressiv.“ und lässt die Schleppleine fallen. „Aha“, sage ich, bleibe stehen und beobachte genau – normalerweise wäre ich vielleicht schonmal vorgegangen. Die beiden umkreisen sich schnuppernd, aber nicht steif, ich sehe keine Bürsten. „Scheint doch zu gehen“, sage ich, lächle der Frau nochmal aufmunternd zu, und wende mich zum Gehen.

Tja, und da gehts los. Bellen, Knurren, der Hund stürzt sich auf Habca, die grummelt zurück. Ich bin überrascht. Dann rufe ich Habca, sie lassen voneinander ab, Habca kommt sofort friedlich zu mir, ich nehme ihr Halsband, ziehe sie zu mir – in der Erwartung die Frau täte dasselbe mit ihrem Hund.

Nix da.

Der stürzt sich auf Habca – die ich ja am Halsband festhalte.

Tja, und in der Not, in der Angst oder Sorge – da setzten sich eben doch meine Primatenreflexe durch, und nicht das Canidenwissen. Ich tat das, was man auf keinen Fall tun soll, ich schnappte mir mein Baby, hob es hoch und drückte sie an meine Brust. Und der kleine Kampfdackel schnappte sich meinen Finger. Und ich dachte: Man soll seinen Hund nicht hochheben. Jetzt, endlich, ergriff die Frau die Schleppleine – die die ganze Zeit drangewesen war! – und hielt das Monsterchen fest. Und ich setzte Habca in Sicherheit ab und schirmte sie mit meinem Körper ab, und lutschte an meinem Finger und sagte: „Hoppla, jetzt hat er mich erwischt“, und die Frau war recht betreten und entschuldigte sich.

So hockten wir da noch eine Weile und ich sagte nette Sache damit sie sich nicht schlecht fühlte und mein Finger tat weh, blutete aber nicht sehr. „Ist nicht so schlimm“, sagte ich, die Hunde beruhigten sich, Habca erzählte mir, ich sei ihr großer Held, und ich sagte zu der Frau: „Man soll ja seinen Hund auch nicht hochheben.“

Und was denn mit dem Hund sei, dass er so ohne Auslöser…? – Der sei aus dem Tierheim, sagte die Frau. Aha.

„Wir gehen dann mal weiter“, sagte ich schließlich, und wir marschierten ein Stück, und dann wurde mir ganz furchtbar schlecht, und wenn es mir schlecht geht, kann Habca nicht weiter gehen, also blieb sie stehen, und sagte: Was hast Du denn? und ich sagte: Wird schon gehen. Und sie sagte: Du hast mich gerettet. Und ich sagte: Furchtbar dumm angestellt habe ich mich.

Und was ich dann nachmittags noch für einen netten Arzt kennengelernt habe, das erzähle ich Euch später. Der Hund hat nämlich Hunger. ;-)

 

 

Showing 8 comments
  • Hoshi

    Warum soll man in genau so einer Situation seinen Hund nicht hochheben?

    Wüffchen
    Hoshi

  • Banjo's Frauchen

    Auf „man“ hätte ich in dieser Situation wohl auch mal kräftig geschi**en. ;)

    Ist das Gleiche wie „man“ soll sich nicht über seinen Hund stellen oder beugen.

    Stinkefingerzeigt
    Banjo’s Fruachen

  • Saskia

    Hallo Du Lieblingsköter,

    ich hab auf den Schreck ein Stöckchen für Dich. Was es damit auf sich hast kannst du unter www. lieblingskoeter.de schauen …

    Grüße von den liebsten Kötern

  • Emil

    Wenn ich könnte, würde ich Emil in so einer Situation auch gerne hochheben. Hochheben hat sicher schon viele Kleinhunde vor Üblem beschützt, da hätte ich keine Probleme mit.

    Pass auf Deinen Finger auf, Hundebisse sind kein Pappenstiel und oft infiziert.
    LG BB

  • Habca und Miriam

    Hey Hoshi,
    der nächste Hund wird einfach ein Briard, dann kommt man nicht in Versuchung. ;-)

    Meint Ihr also alle, man sollte sich das mit dem Nicht-Hochheben nochmal überlegen? Das ist ja interessant und verdient vielleicht einen eigenen Post. Ich denke spontan, dass es den angreifenden Hund nochmehr provoziert und dass man eben sich selber in Gefahr bringt. Aber ich werde nochmal weiterdenken!

    Miriam (versehrt & gerade etwas misstrauisch gegenüber fremden kleinen Hunden) & Habca (unversehrt & happy)

  • Banjo's Frauchen

    Ich hab mehrmals erfolgreich praktiziert, den anderen Hund festzuhalten.

    Wenn ich Monty begegene oder anderen Hunden, die sich mit meinem nicht vertragen, kleine Fifis, die ihm in die Beine beißen, etc. dann leine ich Banjo an. Wenn dann der Fremde kommt, pack ich den Fremden irgendwo. Am Halsband, am Fell, irgendwo. Ob dem das weh tut oder nicht ist mir dann egal. Und wenn ich ihn habe, halt ich entweder beide fest und warte bis der Fremde Hund „abgeholt“ wird. Oder ich lasse Banjo los und halte den Fremden mit beiden Händen fest. Was sich der andere Halter anhören muss hängt davon ab, wer das ist, und wie die Situation gelaufen ist.

    Ich leine Banjo dann nur an, damit sich die Rauferei bei mir abspielt. Wenn beide Hunde frei laufen können, erwische ich den Gegner niemals.

    Bis jetzt ist es mir immer gelungen, „den Feind“ zu schnappen. Ich hab dabei keine Angst davor gebissen zu werden. Ist vielleicht ein Fehler, aber darüber denke ich dann nicht mehr nach.

    Ich mach das aber nur, wenn klar ist, dass mein Hund sonst keine Chance hat. Das gilt auch für’s Hochheben. Wenn ich höre, dass mein Hund aus Angst schreit, dann helf ich ihm, egal was ich dafür tun muss.

  • Jules

    Hallo Ihr beiden,

    so was ähnliches ist uns auch neulich passiert, daher kann ich dir sehr gut nachfühlen! Ich habe nämlich genauso „falsch“ (oder auch richtig??) reagiert und Alani hochgehoben, um mich später zweifelnd zu fragen, ob das nun richtig oder falsch war. Bei uns war es ein frecher Jack-Russell-Rüde, der wollte Alani zeigen wo’s langgeht und ist dann ganz schnell ziemlich giftig geworden. Es war Alanis erste richtige Rauferei und er hat Angst bekommen und ist zu mir gelaufen, winselnd, aber der Jackie kam hinterher gestürmt und wollte wieder auf Alani losgehen. Da hab ich mein Baby auch ganz schnell hochgenommen, und ich hab richtig gemerkt wie heilfroh er war, oben auf dem Arm zu sein. Er hatte sich so erschreckt dass er sich eine ganze Weile erholen musste. Gott sei Dank wurde er nur ins Ohr gekniffen, nix Schlimmes.
    Aber die Frage: Hochnehmen oder nicht – tja, das ist wirklich schwierig! Reflexartig neigt man einfach zum hochnehmen.
    Ich finde es unmöglich, dass die Frau gar nix gemacht hat, die muss ihren Hund doch zurückhalten. Und ich hoffe, dass es deinem Finger bald wieder besser geht!
    LG von Alani und Jules

  • Hoshi

    Angreifende Kaukasen oder Dobermänner festhalten zu wollen ist nahezu unmöglich und nicht ganz ungefährlich.

    Frauchen hat da andere Methoden und die waren bisher immer erfolgreich :-)
    Sie lässt sich keinen Hund mehr zusammenbeissen!

    Provozieren tut einen angreifenden Hund das Hochheben nur, wenn der eigene Hund auf dem Arm runtergeifert.

    Wüffchen
    Hoshi

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