In Aggression, Angst, Apportieren und Dummytraining, Hund im Stress, Hundeerziehung, Hundehalter, Hundepsychologie, Hundeschule, Hundetraining, Philosophisches zu Hunden

Ich kann ja manchmal Samstags nicht anders, als bei so einer gewissen Hundetrainingssendung vorbeizuschalten – und mich zu ärgern. In letzter Zeit fällt mir auf, dass immer wieder betont wird, wie schlimm und schrecklich und schwierig das sei, was der Hundetrainer einem da jetzt „verordnet“ habe. Für den Menschen, den Besitzer, in erster Linie. Und verkündet wird das mit einer gewissen Befriedigung! Der „Profi“ hat’s gesagt: jetzt muss man leiden und schwitzen und „hart arbeiten“ und „alles geben“. Das wird dann gern dem Hündchen erzählt: „jetzt ist Schluss mit lustig!“. Natürlich fliegt der Hund auch aus dem Bett raus und/ oder vom Sofa, kriegt alle möglichen Privilegien (Gewohnheiten?) gestrichen, soll mehr oder minder ignoriert werden und/ oder sein Fressen zukünftig „erarbeiten“, d.h. zu bestimmten Leistungen gezwungen werden.

Zu diesem Drehbuch gehört es auch, den Hundebesitzer ordentlich runterzumachen. Er/ sie hat alles „verbockt“, ist alles Schuld, lässt sich vom Hund „auf der Nase herumtanzen“ oder „vorführen“.

Ab und an habe ich Kunden, die mich bitten, ihnen zu sagen „was sie alles falsch machen“. Oft wird gleich zu Beginn unseres Gesprächs klar gestellt, man wisse, dass sie alles „selber schuld“ seien. Ich könne ruhig „streng“ sein.

Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich verwunderlich. Und unangenehm! Und ich glaube nicht, dass etwas unangenehm sein muss, um wirkungsvoll zu sein. Das scheint mir doch dahinter zu stecken: „nettes“ Hundetraining kann nichts sein, es muss schon wehtun, am besten Hund und Mensch. Dann hat man den Erfolg am Ende auch „verdient“. Da muss man tapfer durch, auch wenn man es vielleicht nicht gut findet, es sich nicht gut anfühlt. „Ich würde meinen Hund auch mit dem Kettenhalsband bewerfen, wenn Sie das sagen“, versicherte mir kürzlich (ungefragt) eine Kundin, „wenn Sie sagen, der hat das verdient, bin ich nicht zimperlich!“

Bei mir werden Hunde nicht nur nicht beworfen, ganz ehrlich: bei mir macht das Training fast immer Mensch und Hund Spaß – und ich finde das auch wichtig!

1. Lernen ist für Menschen wie für Hunde am besten in einem entspannten Umfeld möglich. 

2. Gefühle werden immer mitgelernt: wenn ich dem Hund „Sitz“ mit Druck beibringe, wird er mit „Sitzen“ immer das unangenehme Gefühl verbinden. Wenn ich ihm „Pfote geben“ lachend und entzückt beibringe, kann ich diesen albernen Trick später nutzen, um die Stimmung des Hundes rasch und einfach zu verbessern. Das gleiche gilt für Menschen! Wer fühlt sich noch alles schlecht, wenn er an Mathe denkt? Woran liegt das? 

3. Ich behandle die Menschen wie die Hunde, die zu mir kommen – letztere übrigens unfreiwillig, was moralisch nicht unwichtig ist! – mit Respekt. Einfach weil ich jeden Menschen und jedes Tier erstmal mit Respekt behandle. Ich gehe davon aus, dass sie (beide!) sich Mühe geben, und versuchen, ihre Sache gut zu machen, und dass es irgendwo hakt, dass ihnen Wissen oder Können fehlt, oder es Probleme mit der Umsetzung gibt. Das ist mein Job als Dienstleister, dieses „Haken“ aufzulösen, und zu helfen, dass die zwei sich (wieder) besser verstehen. Ich sehe mich nicht als Personal Trainer, der „quäl dich, du Sau!“, über den Platz schreit. Ich möchte auch nicht angeschrien werden. Ich möchte mir nicht vom Waschmaschinenreparateur sagen lassen, dass ich ein Komplettversager sei. Ich finde, zielorientiert und mit einer gewissen Freundlichkeit und Höflichkeit lässt sich effektiv miteinander arbeiten. Und wer behauptet, „gewaltfrei“ mit Hunden zu arbeiten, muss eigentlich auch nicht Menschen demontieren, oder? Wer mit „gewaltfrei“ mehr meint als „ein Schlagwort mit dem sich gerade ganz gut Geld verdienen lässt“, der könnte an Dinge denken wie „gewaltfreie Kommunikation“ nach Marshall Rosenberg – und anständig mit Mensch und Hund umgehen.

4. Auch ich „übersetze“ ganz gern, was ein Hund gerade „sagt“. Aber bei mir kommt da nie sowas vor wie „der zeigt dir den Mittelfinger“, „der führt dich vor“, „der sagt die Alte kann mich mal“. Ich glaube nicht, dass Hunde so denken. Aber ganz egal: So oder so sind das Interpretationen! Das kann man im Spaß machen, das kann man machen, um dem Hundebesitzer etwas zu vereinfachen – aber seriöses Vorgehen ist es nicht! Wenn der Fernsehtrainer meint, der Hund sage „Alte, rück‘ den Ball raus“, und die Schauspielerin erwidert tapfer, sie dachte, er antworte auf ihre Frage „Willst du den Ball?“ mit „ja“ – dann sind das unterschiedliche Interpretationen, die beide nicht wissenschaftlich haltbar sind. Diese zur Trainingsgrundlage zu machen, finde ich nicht seriös. Die Halterin auszulachen, und das ganze zur Grundlage nehmen, ihr zu verbieten mit dem Hund zu reden, ist, schlicht und ergreifend: Blödsinn! Und, ganz ehrlich: Hundetraining kann heute mehr.