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Meistens hat man, wenn man nicht ganz unerfahren ist, ja eine ganz gute Intuition, ob Hundespiel ein „gutes“ Spiel ist, oder in was Ernsteres zu kippen droht. Trotzdem sind das Fragen, die fast alle meine Kunden bewegen: Ist das (noch?) Spiel? Was, wenn nicht? Soll ich eingreifen? Machen die das „unter sich aus“?

Man kann sich ein paar Merkmale von „gutem“ Spiel merken, und auf den Spaziergängen üben, diese Liste im Kopf durchzugehen und abzuhaken. Das müssen nicht alle Merkmale sein, die es gibt – drei, vier reichen, finde ich. Viel mehr Zeit hat man im echten Leben eh nicht – und wenn von den dreien keins zutrifft, würde ich meinen Hund rufen und weitergehen. Schlimmstenfalls hat er ein nettes Spiel verpasst – bestenfalls habe ich etwas Unschönes verhindert.

Was sind das für Merkmale, die man im Kopf haben sollte? 

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Die „Vorderkörpertiefstellung“, auch „play-bow“ oder „Spielaufforderung genannt, kennt jeder. Sie ist ein sicheres Zeichen dafür, dass hier jetzt Spiel stattfinden soll. Irgendwo habe ich mal gelesen: Die Vorderkörpertiefstellung setzt sozusagen alles, was folgt, in Anführungszeichen. Wenn ich dich jetzt gleich jage, dann meine ich eben nicht Jagd, sondern Spiel-Jagd. Deshalb macht es Sinn, dass diese Stellung auch mitten im Spiel immer mal wieder gezeigt wird, vor allem, wenn es gerade etwas rau wurde.

Wenn möglich, werft auch einen Blick auf die Mimik: ein entspannter, leicht offener oder weit offener Mund sind ein „open mouth display“: ein Zeichen entspannter Stimmung. Fest zusammengebissene Kiefer sind z.B. weniger gut. Spielen sollte nach Spaß aussehen, man kriegt auch als Mensch fast Lust, mitzuspielen. Die Bewegungen sind locker und etwas übertrieben, wie bei jungen Hunden. Das nennt man „Bewegungsluxus“. Im Vergleich dazu sind Bewegungen in ernsten Zusammenhängen kantiger, sparsamer.

 

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Achtet auf Pausen. Sie müssen nicht lang sein – halbe Sekunde reicht. Aber sie sollten oft sein, und die Hunde halten in der Pause keinen Blickkontakt. Die Pausen vermeiden wohl, dass sich die Hunde zu sehr hochschaukeln.

hundephilosophin1601-3Es ist kein „Muss-Kriterium“, aber ein gutes Zeichen: Rollenwechsel, vor allem bei Jagdspielen. Hunde, die sich gut kennen, und jeder eine Lieblingsrolle haben, zeigen keinen Rollenwechsel. Aber wenn ihr das Gefühl habt, es wird immer nur einer gejagt, womöglich noch von mehreren, ist es Zeit zu gehen.

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Im Spiel wird ja meistens Verhalten aus dem „echten Leben“ nachgespielt: Kämpfen, Hetzen, Jagen usw. Wenn eine solche Verhaltenskette von Anfang bis Ende durchläuft – dann ist es kein Spiel! Zumindest die „Endhandlung“, das letzte Glied der Verhaltens-Kette, fehlt. Beim Jagen zum Beispiel besteht die Verhaltenskette aus den Elementen Orten- Fixieren – Anschleichen – Hetzen – Packen – Töten – Fressen.  Das Spiel „Jagd“ endet aus dem Hetzen: es wird nicht gepackt (und nicht getötet und nicht gefressen, aber das sollte selbstverständlich sein). Das heißt, wenn der Jäger beim Gejagten ankommt, kann es sein, dass er rempelt, ihn umschmeißt o.ä. – aber dann wird Körperkontakt vermieden, es entsteht eine kurze Pause, und der Jäger schaut (kurz) weg.

Oft werden einzelne Verhaltenselemente wiederholt, oder die Reihenfolge der verhaltensnette stimmt nicht (z.B. erst wird Töten/ Schütteln gespielt, dann Hetzen).

Resümée

Wenn ihr diese fünf Kriterien beobachten könnt:

  1. Vorderkörpertiefstellung
  2. entspannte Mimik und „Bewegungsluxus“
  3. Pausen
  4. Rollenwechsel
  5. Fehlen der Endhandlung

– super, Euer Hund spielt!

Wenn ihr keines dieser Kriterien sehen könnt: Ich würde Euch raten zu gehen.

Und wenn Ihr ein bisschen was seht, was nach Spiel wirkt aber ihr seid Euch nicht sicher? Im Zweifelsfall gibt es einen ganz einfachen Test: Unterbrecht die Hunde (optiomalerweise je ein Mensch (s)einen Hund) und haltet sie ein paar Sekunden fest. Dann lasst ihr den Hund, der scheinbar „unterlegen“ war, der gejagt wurde, oder der Euch nicht ganz glücklich vorkam, los. Wenn er zu dem anderen Hund hingeht und deutlich weiterspielen möchte: gebt der Sache noch eine Chance. Wenn er weggeht, den anderen Hund meidet, oder unfreundlich wirkt: Geht weg.


Immer einmischen würde ich mich, wenn… 

– wenn ein Hund überfordert oder gestresst wirkt
– wenn ein Warnzeichen auftritt und sich keiner der Hunde von selbst zurücknimmt
– wenn keine Spielsignale mehr beobachtbar sind
– wenn einer der Hunde Angst zeigt
– wenn die Aufregung im Spiel sich immer mehr steigert

– wenn „Hochkampfphasen“ häufiger werden oder länger andauern
– wenn ein Hund nicht mehr spielen möchte und die anderen das nicht akzeptieren
– wenn viel aufgeritten wird
– wenn ein Hund viel auf den Boden gedrückt wird
– wenn um eine Ressource gestritten/ gewetteifert wird

 

Ich wünsche Euch und Euren Hunden viel Spaß beim Spielen!