In Entspannungstraining, Hund in Frankfurt, Hundeerziehung, Hunderassen, Hundeschule, Hundetraining, Mensch-Hund-Beziehung

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Kennt ihr das, wenn man beim Friseur sitzt, und sich die Frisuren der Mitarbeiterinnen anschaut? Oft finde ich die ganz schön experimentell, und denke, „so soll es bei mir aber nicht werden“. Ich habe mal mit einer angehenden Friseurin in einer WG gewohnt, die hatte alle paar Tage einen neuen Schnitt, eine neue Farbe… und weil das Haare nur soundsooft mitmachen, mussten wir alle dran glauben. Sie war total ehrgeizig, und wollte ihre Techniken üben. 

Daran musste ich vor ein paar Tagen denken, als mir wieder einmal auffiel, dass Kunden meine Hunde beobachten, und meinen Umgang mit ihnen. Ich finde das nachvollziehbar und richtig: Um einen Trainer kennen zu lernen, und zu entscheiden, ob man von ihm lernen will, schaut man sich doch am besten das „Produkt“ an – also den Hund. Oder?

Wenn ich an meine Friseur-Mitbewohnerin denke: ihre Frisur hätte ich weder haben können noch wollen – aber ich mochte ihre Art, einen beim Haareschneiden zu behandeln, ich mochte ihren Ehrgeiz. Ich hatte ein gutes Gefühl, weil ich sah, dass sie geübt war, und weil sie einige Preise gewonnen hatte („beste bayrische Jungfriseurin“ oder so ähnlich…).  Sie war auf einer berühmten Friseur-Akademie in London. Sie war sympathisch. Sie sah mich eine Weile an, bevor sie mich beriet, und erzählte dann Sachen über meine Haare, die mir vorher nicht klar waren, und solche, die ich auch schon rausgefunden hatte. 

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Mehr noch als wir alle unterschiedliche Haare haben, haben wir unterschiedliche Hunde. Wenn ich das mal so formulieren darf: wir haben unterschiedliches „Ausgangsmaterial“. Und wir haben unterschiedliche Leben! Für mich ist es zum Beispiel undenkbar, morgens viel Zeit mit meinen Haaren/ meiner Frisur verbringen zu müssen. Mein Hund darf dagegen ruhig zeitintensiv sein.

Das heißt: ein Friseur, wo alle mit derselben Frisur raus spazieren, ist schonmal schlecht. Ich finde einen Hundetrainer, wo die Hunde am Ende alle dasselbe können sollen, wo alle Menschen „hiiiier“ in der exakt gleichen Melodie singen, und wo die Hunde irgendwie auch charakterlich immer gleichförmiger werden (mehr dazu in diesem Text), genauso schlecht.

Ich beobachte trotzdem total gern Trainer, die ich schätze, mit ihren Hunden. Ich sage euch mal ein paar Dinge, auf die ich achte:

1. Wie ist der Umgangston miteinander? Ist der Mensch freundlich oder tendenziell unfreundlich, ruhig oder energisch, respektvoll, herablassend, animierend, klar, schüchtern? Ist der Hund zugewandt, respektlos oder respektvoll, verschreckt, unterwürfig, lustig, angelehnt, ungezwungen? Kann ich mir diesen Grundton der Beziehung für mich und meine Hunde vorstellen? 

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2. Ist der Trainer technisch gut? Ist er besser als ich? Wenn ich von ihm Trainingstechnik lernen will, sollte er besser sein als ich. Wie ist sein Handling? Geht er souverän mit seinen Hilfsmitteln um, oder fallen ihm die Sachen aus der Hand, er verhaspelt sich, entschuldigt sich für falsche Clicks? Ein Trainer darf mal aufgeregt sein, aber bestimmte Handgriffe müssen ihm so sehr in Fleisch und Blut übergangen sein, dass sie darunter nicht leiden. Ein guter Trainer weiß, dass er immer trainiert – wenn ich ihn in ein Gespräch verwickle, bringt er seinen Hund weg oder schafft beides gleichzeitig (geht bei Friseuren ja auch ganz gut ;-) )

3. Verkörpern Trainer und Trainerhund das, was sie „predigen“? Wenn einem Trainer guter Gehorsam wichtig ist, sollte der Hund schnell und präzise gehorchen. Wenn ein Trainer mir was über Bindung erzählen will, will ich Anzeichen einer herzlichen Beziehung zwischen ihm und seinem Hund sehen. Wenn einer Entspannungskurse gibt, aber selbst hektisch und fahrig ist und der Hund hibbelig, stimmt was nicht. – Ich meine an diesem Punkt nicht, ob die Prioritäten des Trainers auch meine Prioritäten sind. Sondern: ob er selbst sie authentisch lebt.  

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4. Trainerhunde müssen nicht perfekt sein! Ein Kollege sagte mir einmal: „Entweder die Hundeschule läuft gut, oder der eigene Hund ist gut trainiert.“ Ein erfolgreicher Hundetrainer arbeitet viel, und obwohl die eigenen Hunde oft dabei sein können, werden sie in dieser Zeit ja nicht trainiert! Derselbe Kollege trainierte auf der Fortbildung, bei der wir gemeinsam waren, seinen Hund in 3×10 Minuten darauf, auf Signal ein Spielzeugauto aus einer Reihe anderer Spielzeuge anzuzeigen, allein in einem Raum (d.h. ohne auch unbewusste Hilfestellung). Er kann trainieren. Und darum geht es. 

5. Ob ein Trainer trainieren kann, sehe ich, wenn ich auf die Aus- und Fortbildungen schaue, mögliche Auszeichnungen, Veröffentlichungen, Anerkennung durch andere Trainer – und wenn ich ihn arbeiten sehe. Ich sehe diesen Punkt nicht unbedingt am „Produkt“, am eigenen Hund! Zum Beispiel habe ich lange unheimlich viele Komplimente dafür bekommen, dass Habca kein Futter von anderen Menschen nähme. Das habe ich nie trainiert! Und es stimmte auch nicht, der Punkt war, dass sie bis vor einem Jahr fast nichts mochte. Deshalb hat sie am angebotenen Futter geschnuppert und sich angewidert abgewendet – was vielleicht ein bisschen aussah wie ein auftrainiertes Abwenden. – Nomi hat auch unter meiner Obhut noch andere Hunde angegriffen – es war aber viel, viel besser, seltener, weniger wütend und besser handlebar als zu dem Zeitpunkt, an dem ich sie kennen lernte. Die kleine Rike ist eh ein Fall für sich… aber hey, wie wäre sie, wenn ich nicht so viel mit ihr arbeiten würde? Ich sehe in ihrer Entwicklung oft so Warnschilder aufleuchten: „Abzweigung zum Crazy Dog hier“…

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6. Ebenso ist es ein Trugschluss, von den eigenen Hunden des Trainers darauf zu schließen, mit welchen Hunden er gut ist. Leute, die mich heute sehen, sagen „mit deinen kleinen Hunden geht sowas“, oder „du hast deine Hunde ja von Anfang an, das ist was anderes“. Zum einen gilt die Lerntheorie und Trainingstechnik für alle Hunde Tiere gleichermaßen. Zum anderen hat ein Trainer (hoffentlich) mehr Erfahrung als mit den Hunden, die bei ihm wohnen. Das wäre ja, als würde man einen Paartherapeutin danach aussuchen, ob ihr Mann meinem ähnlich sieht! Außer, siehe oben, der Trainer geht selbst davon aus, dass alle Hunde gleich sind. Also sagen wir, er hat zuhause immer Schäferhunde und geht davon aus, dass alle Hunde schäferhundartig sind – dann kriegt er spätestens mit dem ersten Akita Probleme. – Das heißt, ein Trainer sollte ein bisschen Erfahrung mit verschiedenen Hunden haben. (Notiz für die jungen, zukünftigen, gerade anfangenden Trainer: zum ersten Erfahrungsammeln lässt man nicht den Kunden zahlen, sondern übt im Tierheim, bei Hundebetreuungen, Fortbildungen und im erweiterten Freundeskreis. Und mit Menschen! Wenn man dann den ersten Akita im Training hat, bleibt man offen, denkt an die Allgemeingültigkeit der Lerntheorie, und fängt an zu experimentieren.) Ein kleiner Trick um die Erfahrung eines Trainers abzuschätzen – außer auf die Berufsjahre zu schauen: ich gucke mir die Fotos auf der Homepage an. Wenn da nur die eigenen Hunde zu sehen sind, ist ein schlechtes Zeichen. Finde ich.    

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 7. Und zuletzt: ich sehe gern, was ein Trainer tut, wenn ihm Training was schief geht. Das passiert nämlich. Und zwar auch den besten. Verliert er die Nerven, beschuldigt er den Hund? Setzt er den Hund unter Druck? Hat er einen Plan B? Und C? Denkt er beim trainieren?  Geht er mit einem Lächeln darüber hinweg? Macht er den gleichen Fehler nochmal? 

Und was, wenn der Hund sich im Alltag misbenimmt? Weiß der Trainer sich zu helfen? Betreibt er vernünftiges Managment? Ist der Hund überhaupt alltagsfähig, im Rahmen seiner individuellen Möglichkeit?  

 
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Ich wünsche Euch viel Spaß beim Beobachten von Hundetrainerhunden (ach, ein letztes noch: wenn man sie gar nicht zu Gesicht bekommt, ist auch kein gutes Zeichen, oder?) – und beim nächsten Friseurbesuch!

 

Fotos

  • Bild 1: danke, Claudia Pfeiffer!
  • Bild 2: mein Leitgedanke seit Jahren
  • Bild 3: Fortbildung bei Marc Bekoff
  • Bild 4: Entspannungsbücher lesen sich gut in der Hängematte
  • Bild 5: Fortbildung bei Chirag Patel, ganz vorn entdeckt man ihn und seinen Demo-Stoffhund
  • Bild 6: wozu Hundetrainer? Notiz von der Fortbildung mit Marc Bekoff 
  • Bild 7: Zitat von Ute Blaschke-Berthold

 

 

 

 

 

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