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hundephilosophin1702-11

„Bei meinem Hund funktioniert das nicht“ – das habe ich ganz am Anfang meiner Hundehalterkarriere auch manchmal gedacht. Zum Beispiel hatte ich in Büchern gelesen, man solle ein Leckerchen über den Kopf des Hundes führen, damit der sich hinsetzt. Klappte nicht. Woanders las ich, Tibetterrier seien „stur“ – fertig war die Mixtur, mit der man mich heute zur Weißglut bringen kann:

  • „Bei meinem Hund funktioniert das nicht“
  • „Bei dieser Hunderasse geht das nicht“
  • „meiner ist nicht bestechlich“
  • „Clicken geht bei uns nicht“
  • „Zeigen und Benennen? Funktioniert bei meinem Hund nicht“
  • „Akitas kann man nicht trainieren“
  • „Labradore sind halt so“
  • „Die Leckerchenschiene [oh, das Wort hasse ich eh besonders – was soll denn das bitte sein?] geht bei der nicht“
  • „mit positivem Training kommt man da nicht weiter“
  • und so weiter und so fort…

Ich bin echt ein geduldiger Mensch, und so lange ein Hundehalter sich im Rahmen seiner Möglichkeiten Mühe gibt, würde ich keinen verurteilen, weil irgendwas nicht klappt. Aber bevor man sagt „das funktioniert nicht“ muss einem doch irgendwann mal die Idee kommen, das man es vielleicht nicht richtig macht – oder?

Wenn man trainieren kann, wenn man 1. weiß wie das geht, und 2. in der Lage ist, das umzusetzen – dann kann man einem Tier richtig viel beibringen. Um das zu wissen, muss man sich nur mal bei YouTube oder auf Facebook umschauen. Man kann, sagen wir, einem Hund beibringen, halbmondförmige Gegenstände von dreieckigen zu unterscheiden. Und, nein, nicht nur Border Collies. Mit „positivem“ Training, das heißt, mit Futterbelohnung. ABER man muss halt wissen, wie es geht, und man muss es richtig machen. Gutes Training ist nicht so einfach! Aber es ist auch kein Hexenwerk, keine Raketenwissenschaft, wie es im schönsten denglisch heißt.

Zurück zum Anfang: wie viele Arten gibt es, ein Leckerchen (was denn?) über den Kopf eines Hundes zu führen? Langsam, schnell, wo entlang, in welcher Ausgangsposition, wie nah, wie stehe ich, oder soll ich hocken, wie oft mache ich das, wann, was dann, wann und wo und wie kriegt sie das Leckerchen, und so weiter. Nur weil ich das „falsch“ gemacht habe, heißt doch nicht, dass es nicht funktioniert!

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Zu sagen „meinen Hund kann man nicht trainieren“ oder „bei meinem Hund funktioniert die Leckerchenschiene nicht“ ist ein bisschen so, als würde man sagen „ach, für meinen Hund gilt das Gravitationsgesetz nicht“. Und deshalb nervt es mich. Weil es dumm ist! Und Dummheit nervt mich. Ich finde, der Satz muss heißen „bei diesem Hund und in dieser Situation komme ICH mit meinem geplanten Training nicht weiter“ – und daraus folgt dann, dass ich nochmal darüber nachdenken muss, dass ich eine vielleicht eine Wissenslücke schließen muss, oder mein Timing trainieren, oder dass ich einen Blick von außen brauche, Unterstützung von jemandem, der vielleicht mehr sieht oder auch mehr weiß und mehr kann. Ganz ehrlich: so mache ich das – nach sechs Jahren hauptberuflichem Trainerdasein, mit einer riesigen Hunde-Bibliothek und vielen tausend in Aus- und Fortbildung investierten Euro – auch! Ich will ein immer besserer Trainer werden, und ich freue mich über jeden Hund und jede Situation, die mir die Gelegenheit dazu gibt, weil irgendwas hakt und nicht so klappt wie ich es geplant hatte.

Aber ich sag doch deshalb nicht „Verstärkung funktioniert nicht“, oder „dieser Stift fällt nicht runter, wenn ich ihn fallen lasse“, oder, mit dem Fuß auf der Bremse stehend: „das Auto ist kaputt, es fährt nicht los, obwohl ich schon ganz fest drücke“! 13

 

 

 

Showing 2 comments
  • Socke-nHalterin

    Liebe Miriam,

    Tibet Terrier sind nicht sturer als Hunde anderer Rassen oder Mixe auch.

    Man sagt ihnen nach, dass sie einen Sinn in dem Handeln sehen müssen. Insoweit würden sie oft Wiederholungen vermeiden.

    Ich sehe das bei Socke anders. Socke hat oft keine Lust oder möchte nur für etwas Gutes etwas tun. Vielleicht geht es ihr auch manchmal nicht gut. Wir wissen es ja nicht.

    In der Hundeschule wurde sie für dieses Verhalten „von den Trainerinnen Tibesesel“ genannt. Ich fand das komisch und entschied mich, dass Socke nichts machen muss, wozu sie keine Lust hat. Auch, wenn wir unseren Ruf damit ruinierten und den Schnitt kaputt machten.

    Ich glaube aber, dass man mit Socke genauso trainieren kann, wie mit anderen Hunden auch. Sie lernt nicht besonders schnell, aber sie lernt.

    Insoweit hast Du mit deinem Artikel recht. Es ist immer eine Frage des einzelnen Hundes und des Trainings.

    Aber manchmal ist es einfach schön leicht zu sagen, dass die eigenen Rasse schwer erziehbarer ist….

    Viele liebe Grüße
    sabine mit Socke

  • Petra

    Klasse ARtikel :) .. man muss sicherlich an sich arbeiten und an seinen eigenen Ansätzen um besser im Training zu werden. Diese Selbsterkenntnis muss kommen, da kann man jemandem noch so viel prädigen. Sich selbst zu reflektieren, ist nicht für jeden selbstverständlich; aber wenn es einen dann mal packt – super interessant und spaß und freude.. nur die anderen… ;)

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