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hundephilosophin1605

„Leine“, das ist ein Riesenthema für Hundemenschen, oder? Wie oft trefft ihr jemanden, der sagt, mit Leinenführigkeit habe er echt so gar kein Problem? Ich würde sagen, bei etwa der Hälfte geht es so, dass man halbwegs durch den Alltag kommt, und die andere Hälfte hat ein Problem. Manche können es besser kaschieren als andere, z.B. weil der Hund klein ist. Oder kennt ihr die Leute, die einfach immer ohne Leine gehen? Mit dem Auto zum Spazierort fahren und so, weil sie sich die Schulterschmerzen nicht geben wollen?

Ich habe mal darüber nachgedacht, was an dieser Übung eigentlich so schwer ist. Ich meine, Sitz und Stubenreinheit kriegen doch auch alle irgendwie hin… Und ich bin für mich nach sechs Jahren hauptberuflichem Hundetraining zu dem Schluss gekommen, dass Leinenführigkeit echt nicht so trivial ist. 

Es fängt ja schon damit an: Versuch mal, in zwei Sätzen zu erklären, was „Leinenführigkeit“ überhaupt heißen soll! Der Hund geht entspannt neben dem Menschen, passt sein Tempo an, bleibt stehen wenn Mensch stehen bleibt, aber sonst nicht, schnuppert also nicht groß rum, markiert nicht (oder doch?), wechselt nicht die Seite bzw nur auf Kommando, die Leine hängt durch (wann hängt eine Leine durch? damit hier keine Diskussionen aufkommen, brauchen wir ein Kriterium, ich nehme: der Karabiner hängt mit der Schwerkraft runter). Der Hund orientiert sich am Menschen. Ich finde, man kann auch ohne Leine Leinenführigkeit trainieren! 

Schwierig wird es spätestens dann, wenn wir uns vorstellen, wie ein Hund die Welt erlebt. Viel weniger visuell als wir (der Bürgersteig, der Weg, sind weniger wichtig), viel mehr olfaktorisch (da riecht’s! und da!), aufmerksam auf Bewegungen (da flattert was! da, eine Hummel!), auf Stimmungen/ Energie (Herrchen ist angespannt? – ich geh lieber ein bisschen weiter weg). Die Stellung von Körpern zueinander im Raum ist Hunden wichtig (Achten der gegenseitigen Individualdistanz, frontale Ausrichtung heisst Konfrontation, Zeigen der Körperseite ist freundlich, usw.). Berührungen und Bewegungen sind Kommunikation. Aber Menschen wissen oft gar nicht, was ihre Körper sagen!

Weil viele Menschen ein intuitives Verständnis von „Lernen“ haben, das häufig mit der Art, wie sie selber erzogen worden sind, zu tun zu haben scheint, machen sie bei dem Versuch, dem Hund zu erklären, was sie wollen, Fehler. Viele wollen zum Beispiel sagen: „wenn du ziehst, ist für dich (Hund) unangenehm, also zieh doch nicht“. Stattdessen sagen sie: „wenn du einen höflichen Abstand hältst/ Umwelt erkundest/ Normalverhalten zeigst, kriegst du plötzlich schlecht Luft“ – und der Hund versucht dem Würgen zu entkommen, indem er schneller wird. Intelligente Hunde mit Menschen, die schonmal etwas mehr über Leinen nachgedacht haben, lernen auch manchmal so verrückte Sachen wie: „lauf nach vorne bis die Leine zu Ende ist, halt an, schau dich um, komm zurück, hol dir deinen Keks, und dann das ganze von vorn!“

Also: Ich dachte auch lange, dass Thema „Leinenführung“ sei unsexy, und irgendwie kriege man das schon hin (zumal Habca nie Tendenzen zu Schlittenhund hatte). Aber wenn man mal anfängt darüber nachzudenken, ist es recht komplex, und dadurch schon interessant. Es erfordert einerseits gute Technik von Seiten des Menschen, andererseits eine bestimmte Ausstrahlung. Und wenn es gut läuft, sieht es auch richtig gut aus!

Ja, und deshalb habe ich Euch hier eine Mini-Serie zu Leinenführigkeit vorbereitet! Viel Spaß!