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Trainiere den Hund

 

Am Dienstag waren Rike und ich bei einem recht anspruchsvollen Seminar. Sie sollte aus einer Reihe von Blumentöpfen immer den größten anzeigen („Konzepttraining“). Ich hatte einen prima Trainingsplan geschrieben, und holte sie frohgemut aus dem Auto, in dem sie den Vormittag über gesessen hatte. Sie raste erstmal in die Leine, biß Habca ins Ohr, sprang an mir hoch… Ab in den Seminarraum.

 Zehn Leute stehen um uns herum, darunter wirklich gute Trainer, Menschen, die ich schätze, respektiere. Die sich jetzt gerade zehn Minuten Zeit nehmen, Rike und mir beim Training zuzuschauen.

„Yeay, cooler Blumentopf“, ruft Rike, und kegelt ihn um. „Guck mal!“, sie wirft sich ins Platz, umklammert den Topf mit den Vorderbeinen. „Oder so?“, sie wirft sich hin und haut dabei mit einer Pfote auf den Topf. „Warte, ich kann auch Rolle! Und Rückwärtskriechen! Und alles gleichzeitig! Cool, oder?“ Sie strahlt.

„Ich nehme mal eine nicht-optimale Anzeige, damit wir zum interessanteren Training kommen“, höre ich mich sagen. „Yeah!“, ruft Rike, „ich weiß schon was du willst! Schneller, schneller! Stell das Ding schon hin! Ok, gib ihn mir, ich stell ihn für dich hin! Oh, guck mal, den kleinsten kann man auch durch die Gegend rollen!“

Ich habe dann über den ganzen Plan nochmal nachgedacht. Im Wesentlichen hat man in so einer Situation ja drei Optionen:

1.) Man kann sich schwarz ärgern, dem Hund vorrechnen, wie viel Geld man gerade für das Seminar ausgibt, man kann den Hund doof finden, auf die eine oder andere Art aversiv werden und/ oder ihn so sehr unter Druck setzen, dass es irgendwie klappt. Den Hund austauschen. Man kann Dinge sagen wie: „der Hund zeigt dir den Stinkefinger“, „das ist die Pubertät“, „der ist stur“, usw. Man kann auch wunderbar sich selbst doof finden in solchen Situationen. Bringt alles nicht so furchtbar viel.

2.) Man kann Ursachenforschung betreiben: anderthalb Tage vorher sind wir zwölf Stunden lang auto gefahren und Rikchen war furchtbar brav. Die Woche davor war sie jeden Tag am Strand lang gerast. Jetzt war sie unausgelastet. Oder war sie gestresst? Rumkaspern ist schließlich auch ein Stresssymptom! Die vielen Menschen, die vielen Hunde, die sie teils sehr mag, teils nicht… Der arme kleine Hund!

Oder, 3.), man kann das machen, was Trainer eigentlich am besten können sollten:

Trainieren!

Und zwar genau den Hund trainieren, der da vor einem sitzt. Nicht die Rike von gestern, nicht die Rike aus dem letzten Modul, nicht die Rike, die ich gern hätte.

Ich machte folgendes:

  • In der Mittagspause ließ ich sie ordentlich durch die Gegend flitzen.
  • Ich nahm weniger hochwertige Belohnung (Trockenfutter statt Käse).

Und dann fragte ich sie (den gutes Training heißt meines Erachtens, dem Tier fragen zu stellen):

„Kannst du sitzen und gar nichts tun?“

„Oh, der ist schwer!“, sagte Rike, „aber warte, ich schaffs! Ich kriegs hin!“ 

„Super! Kannst du sitzen und gar nichts tun, wenn ich einen Blumentopf in der Hand halte?“

„Gib das Ding her!“

Ok, machen wir das ein paar Mal. Schlucken wir den Gedanken runter, dass der Hund das nun wirklich können sollte. Jetzt und hier kann er es nicht! Aber ich weiß, wie man das trainiert. Also alles gut.

„Tolle Maus! Kannst du jetzt sitzen bleiben, während ich vor dir hocke und den Oberkörper bewege? Ja? Toll bist du! Kannst du mir jetzt den Topf anzeigen?“

„Ich hab kapiert was du willst!“, ruft der Hund, „ich steh nicht mehr auf! Nie mehr! Sag du ruhig „Zeigs mir“ oder was auch immer! Yeah, ich bin die Cleverste! Gib mir meinen Keks!“

Das nennt man dann „Trainingswaage“. Die Trainingswaage hatte jetzt viel Gewicht auf Sitzenbleiben. Wir mussten wieder etwas Gewicht (= Belohnung) auf die Anzeige packen.

 Natürlich lag mir noch ein paar Mal auf der Zunge, den Umstehenden zu sagen: „vor zwei Wochen konnte sie das alles“.  Aber darum geht es im Tiertraining nicht. Kunden sagen mir das alle Naslang: „woanders könnte sie es“, „wenn du nicht dabei bist, kann sie es“ oder auch „wenn du nicht dabei bist, kann sie es nicht“, „gestern konnte sie es noch“, bis hin zu „mein vorheriger Hund konnte das aber“. Das mag alles sein, oder auch nicht: Wir trainieren immer den Hund, den wir uns stehen haben. Alles andere macht keinen Sinn!  

Am Ende ist es auch nicht so, als hätte das Training dem Hund oder mir weniger Spaß gemacht als das eigentlich geplante. Gutes Training macht immer Spaß – wie ein gutes Gespräch.

 

Comments
  • Socke-nHalterin

    Wir werden mit Socke auch das Konzeptraining lernen und freuen uns schon sehr darauf.

    Ich habe mit Socke auch einen Hund, der anders ist als die meisten Hunde und ich bin ein Frauchen, die nie genau arbeiten musste, weil Socke mich auch so versteht. Insoweit sind wir schon oft auf Seminaren gescheitert. Es war ernüchternd und demotivierend. Aber man lernt immer etwas über sich, über den Hund über das Training. Und da der hund keine Maschine ist, darf er es auch mal nicht können….

    Viele liebe Grüße
    sabine mit Socke

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