1. Ein Hund vom Züchter
Einen guten Züchter müsst ihr besuchen. Kein Züchter bringt Euch seine Hunde, oder verabredet sich mit Euch auf einem Parkplatz. Ihr redet mit ihm, ihr schaut Euch um, und ihr bildet Euch ein Gefühl dazu. Der Züchter wird Euch alle Fragen beantworten, ein guter Züchter hat nichts zu verbergen. Da ihr nicht alle Faktoren selber prüfen könnt, gibt es Vereine, die ihre Züchter- Mitglieder überprüfen. Euer Züchter sollte Mitglied im VdH sein, und in Clubs, die speziell seine Rasse vertreten. Wenn er das nicht ist, ist er ein so genannter Dissidenz-Züchter – was ok sein kann, ihr solltet es euch von ihm erklären lassen und es überzeugend finden.
Á propos Rasse: Ein guter Züchter züchtet nur eine Rasse (Ausnahmen würden mich sehr skeptisch machen, lasst es Euch gut begründen) und hat nur wenige Würfe. Was für Euch heißen kann, dass Ihr auf einen Welpen warten müsst – ein gutes Zeichen! Umgekehrt wird ein guter Züchter Euch seine Welpen nicht aufdrängen und sie nicht übertrieben anpreisen. Er wird Euch genauso ausfragen wie ihr ihn, bis ihr das Gefühl habt, von ihm einen Welpen zu bekommen, sei eine Art Hauptgewinn. Klar: er will seine Welpen in guten Händen wissen! Ein guter Züchter ist auch nach der Übernahme für Euch da – ein Hundeleben lang.
Von einem Züchter bekommt euer neuer Hund einen Stammbaum und einen EU-Heimtierpass. Anhand des Stammbaums könnt ihr in etwa nachvollziehen, wie groß die Inzucht ist, und wie sehr die Vorfahren von bestimmten Krankheiten, bei denen eine genetische (Mit-) Ursache bekannt ist, betroffen sind. Selbst wenn ihr beispielsweise die HD-Werte aller direkten Vorfahren kennen würdet, könntet ihr aber daraus wenig über die Wahrscheinlichkeit für Euren Hund schließen, im Laufe seines Lebens an HD zu erkranken. Das liegt unter anderem daran, dass ein Hund Krankheiten oder die Neigung zu Problemen vererben kann, ohne selbst erkrankt zu sein.
Ihr könnt bei einem Züchter immer die Mutterhündin sehen. Von dieser Regel gibt es keine akzeptablen Ausnahmen! Was habe ich da schon alles von Kunden gehört: Die Mutterhündin war „verreist“, „beim Tierarzt“, „gerade spazieren“, oder „zu aggressiv“! Wenn Ihr die Mutterhündin nicht sehen dürft, oder wenn sie nicht freundlich, aufgeschlossen, um die Welpen altersgemäß besorgt, aber Menschen vertrauend ist – dann dreht Euch um und fahrt nach Hause!
Wenn Ihr Euren Hund im Haus halten wollt, dann soll der Züchter seine Hunde auch im Haus halten, und die Welpen sollen spätestens ab etwa der dritten Lebenswoche das normale Haushaltsgeschehen voll mitbekommen. Sie sollen Haushalts-Geräusche kennen, verschiedene Untergründe erkunden, normale Bewegungen kennen, und auf Euch als fremde Besucher aufgeschlossen und freundlich zugehen. Der Züchter freut sich über vielfältigen Besuch.
Übrigens: Es kann sein, dass der Züchter sich vorbehält, aus einem Wurf den für Euch passenden Welpen auszuwählen. Im Idealfall beobachtet er die Welpen seit Tag eins ihres Lebens, und kann gut einschätzen, wer sich z.B. als Familienhund eignet, und wer als Dienst- oder Sporthund.
Kinder im Züchterhaushalt sehe ich zwiespältig: Einerseits spricht viel dafür, dass Welpen von Erwachsenen nicht auf Kinder generalisieren, und deshalb unbedingt vor der 18. Lebenswoche viele gute Erfahrungen mit Kindern verschiedener Altersstufen gemacht haben müssen, um später gut mit Kindern klar zu kommen. Aber: die Betonung liegt hier auf „positive Erfahrungen“! Es gibt nämlich auch eine Statistik, die zeigt, dass Hunde aus Züchterhaushalten, in denen Linder gelebt haben, gehäuft zu Aggressionen gegen Kinder neigen! Das heißt, wenn Kinder im Haushalt leben, schaut sie sich gut an, schaut Euch die Eltern (= die Züchter an), den Umgang der Kinder mit den Hunden, und wie er von den Eltern/ Züchtern überwacht und begleitet wird. Wenn keine Kinder im Haushalt leben, fragt, ob und wie die Welpen Kinder kennen lernen, und überlegt, was ihr da selber noch leisten könnt.
Wichtig ist mir noch: ein Welpe von einem anständigen Züchter ist keine Garantie für ein problemloses Hundeleben! Unsere Hunderassen werden nicht in Hinblick auf ihre Eignung als Familienhund gezüchtet! Ausschlaggebend in der Zucht ist das Aussehen des Hundes. Ein Züchter kann Verhaltenmerkmale berücksichtigen, muss es aber nicht. Ein Züchter kann sich über die Erblichkeit von Verhaltensproblemen informieren, muss es aber nicht. Auch Gesundheitsaspekte werden in der Hundezucht oft für ein bestimmtes Aussehen hintenangestellt. Es gibt Hunderassen, die nicht mehr allein entbinden oder abnabeln können. Es gibt Hündinnen, die einen vom Züchter gewählten Rüden nicht ablehnen dürfen. Es gibt Hunde, die kaum atmen können, denen die Augen aus dem Kopf fallen, die ihr Leben lang Hautprobleme, Schmerzen oder Fehlstellungen haben. Und ich rede hier eben nicht von Tierschutzhunden oder Händlerhunden, sondern von Rassehunden vom Züchter.
Ich finde, jeder, der einen Hund von einem Züchter kauft, sollte sich die (fürchterliche) Dokumentation „Pedigree Dogs Exposed“ anschauen, oder ein Buch wie „Schwarzbuch Hund„, „Unsere Stimme für den Hund“ (beide Christoph Jung) oder „Rassehund wohin?“ (Hellmuth Wachtel) lesen, bevor er seine Entscheidung trifft, diesen Wirtschaftszweig zu unterstützen.
Aber selbst wenn ihr einen tollen, charakterstarken, rundum gesunden Hund von einem super Züchter bekommt, kann es sein, dass dieser Hund nicht in Euer Leben passt. Es kann sein, dass er Probleme mit Artgenossen entwickelt, dass er jagt, Angst oder Aggression zeigt, oder das Alleinbleiben nicht lernt. Ein Hund ist ein komplexes Lebewesen, das in sozialen Gefügen lebt, und es gibt nie eine Garantie dafür, dass „alles gut geht“.
Für Hunde-Anfänger finde ich einen Welpen übrigens nicht unbedimgt die bessere Wahl! Je nach individueller und rassetypischer Konstitution kann man bei einem Hundebaby eben auch ganz schön viel falsch machen. Und im Tierheim sitzen keineswegs nur Problemhunde, sondern auch viele, viele tolle Anfängerhunde. Dazu dann mehr im nächsten Teil!