In Angst, Hund im Stress, Hundeschule, Hundetraining, Mensch-Hund-Beziehung, Online-Hundetraining, Philosophisches zu Hunden

Samstag ist eigentlich mein Hochbetriebs-Tag. Einzelstunden, zwei Mantrailing-Gruppen, zwischendurch schnell nach Hause und mein Kind stillen, was Essen. Es ist der Tag, an dem ich die 10.000 Schritte, die ich mir täglich vornehme, garantiert schaffe. Es ist ein Tag, an dem ich k.o., aber auch erfüllt ins Bett gehe.

Heute ist alles anders. Aber weil „alles anders“ uns Menschen genauso überfordert wie Hunde, versuchen mein Mann und ich, an ein paar Dingen festzuhalten. Er geht mit Hund und Kind spazieren, ich beschäftige mich mit meinen Kundinnen, meinem Business. An meinem Schreibtisch.

 

Einen Moment innehalten

Habt ihr auch das Gefühl, das gerade alles so wahnsinnig schnell geht? Eine Entscheidung die nächste kippt, die Informationsflut noch ärger schwappt als sonst, alle Meinungen haben und teilen, alles sich ändert? Und dass zugleich alles ganz langsam wird? Dass so viele Gefahren und so viele Chancen sich auftun? Was für eine irritierende Gleichzeitigkeit!

Online Geld verdienen?

Als Solo-Unternehmerin in einem Feld voller Solo-Unternehmer und kleiner Selbständiger steht natürlich sofort finanzielle, wirtschaftliche, existenzielle Angst auf dem Plan, und damit ein hektisches: Was jetzt? Was machen wir jetzt? Wie geht es weiter? Und da ploppen rechts und links die Angebote auf, alles geht plötzlich online, alle jonglieren mit irgendwelchen Tools herum, deren Namen sie vorgestern noch nichtmal buchstabieren konnten. Das ist: schön. Und irritierend. Und schnell.

Begegnungsprobleme online lösen?

Als Trainerin in einem Umfeld, das sich mit Helfen, mit Leben-Verbessern für Menschen und Tiere befasst, steht natürlich sofort die Frage im Raum: Wie kann ich denn jetzt weiter für euch da sein? Was braucht ihr jetzt? Wie ist euer Leben jetzt? Gehört ihr zu denen, die total viel Zeit haben, weil ihr nicht arbeitet? Gehört ihr zu denen, die jetzt erst recht überfordert sind, weil die Kinder zuhause sind und ihr zuhause arbeiten sollt und dann der Hund auch noch was will? Ich arbeite viel an Aggression und Begegnungsproblemen: Habt ihr noch Hundebegegnungen? Haltet ihr Abstand? Ist diese Phase der Entspannung vielleicht sogar gut für die Hunde, oder wirft sie uns im Training zurück? Und auch da: Ich habe das Gefühl, so viele wissen ganz schnell ganz genau, was jetzt geht, und zwar: online. Aber Begegnungsprobleme online lösen, macht das denn Sinn?

Wachsen lassen

Ihr wisst, ich bin nicht die Frau für schnelle Antworten. Ich glaube daran, dass gutes Tiertraining schnell funktioniert, das schon. Was nicht schnell funktioniert: dass Menschen umdenken, sich ändern. Gewohnheiten ändern. Einstellungen ändern. Abschied nehmen. Beziehungen entstehen lassen und pflegen. Sich aneinander gewöhnen. Das Leben ein wenig verstehen.

Was mir gerade fehlt: Sich die Zeit zu nehmen, erstmal zu sortieren: Was fühle ich? Was brauche ich?

In der Gewaltfreien Kommunikation, die ich sehr schätze, erkundet man erst die Beobachtung (was ist passiert?), die Gefühle (was fühle ich?), und die Bedürfnisse (was brauche ich, welches Bedürfnis ist erfüllt, welches unerfüllt?). Am Ende dieses Prozesses kann (muss aber nicht) eine Bitte stehen. Eine Bitte an mich, oder an dich. Ganz viele Menschen wollen gern sofort zu der Bitte springen. Und oft hat das damit zu tun, dass man die Gefühle nicht fühlen will. Oder die Bedürfnisse nicht zugeben, nichtmal vor sich selbst.

Ich glaube nicht, dass man da abkürzen kann.

Und wenn ich jetzt höre: „Oh super, das geht alles auch online“, dann fehlt mir, sich einen Moment Zeit zu nehmen, die aktuelle Lage zu betrauern. Denn Betrauern und Angst haben erscheint mir die angemessene Reaktion auf eine weltweite Pandemie mit echt vielen Todesopfern, unklarer Gefährdungslage für uns alle und unklaren Auswirkungen auf die Zukunft.

Hier passiert was mit unser aller Leben. Hier passiert was, was Auswirkungen auf unzählige Details unseres Lebens hat. Das ist nicht einfach „die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird“. Hier passiert was, was sich richtig unangenehm anfühlt. Können wir das einen Moment fühlen, bevor wir uns in Aktivismus flüchten?

 

 

 

 

 

Teil 2: Online-Angebote im Hundetraining: Beispiele und Möglichkeiten – erscheint am Sonntag

Teil 3: Mit mir online arbeiten: wie kann das aussehen? – erscheint am  Montag