Für sich sorgen

Als ich vor ein paar Tagen gegen elf (vormittags) in einem Eiscafé saß, kam ein Mann vorbei und studierte die Eissorten in der Auslage. Gefragt, was er haben wolle, sagte er, er komme heute nachmittag mit zwei Freunden vorbei und wolle sich schonmal überlegen, was er dann nehme. Dann müsste das immer so schnell gehen und er stünde unter Druck.

Erst dachte ich: Mein Gott, wie neurotisch. Jetzt extra hier vorbeikommen. Wie entscheidungsschwach. Wegen Eissorten!

Aber dann wich dieses Urteil einer gewissen Hochachtung: Gut, er hat ein Problem mit dem Auswählen von Eissorten unter Zeitdruck. Davon kann man halten was man will – aber er hat es erkannt, er steht dazu, und er hat eine Lösung gefunden. Mit einem unkomplizierten Schritt macht er sich das Leben leichter und schöner. Er nimmt Rücksicht auf sich selbst.

Wie viele Menschen winden sich an ihrem Ende der Hundeleine, versuchen ein Problem ihres Hundes zu vertuschen, zerren und diskutieren. Manchmal ist es für alle entspannender und hilfreicher zu sagen: Okay, wir haben dieses Problem. Und nach einer einfachen Lösung zu suchen, solange die Ursache des Problems (noch) nicht bearbeitbar ist – oder der Aufwand in keinem Verhältnis zur Belästigung steht. Solche einfachen Lösung nennen Hundetrainer gern „Managment“: Die Straßenseite wechseln, wenn der Lieblingsfeind kommt. Anleinen in Situationen, in denen man gern ein schickes leinenloses Fuß, es aber noch zu schwer ist. „Nein“ sagen wenn die Kinder fragen ob sie den Hund streicheln dürfen, der Hund aber noch nicht so weit ist. Mit einem Hund, für den neue Orte schwierig sind,  kann man eine Viertelstunde früher auf den Hundeplatz kommen und ihn in Ruhe alles beschnüffeln lassen.

Ich habe übrigens den Eindruck, dass es Männern noch schwerer fällt als Frauen, auf diese Weise für ihren Hund zu sorgen. Vielleicht weil es ihnen schwerer fällt einzugestehen, dass ihr Hund nicht die coole Sau ist die sie gerne hätten, und dass sie nicht alle Probleme mit einem Fingerschnippen aus der Welt schaffen können.