In Agility, Hunde-Bücher/ Hundezeitschriften, Hundeerziehung, Hundepsychologie, Hundetraining, Meine Hundebibliothek, Mensch-Hund-Beziehung, Philosophisches zu Hunden

Natürlich schreibe ich gerne über mein neues Agilitybuch (für die ganz Ungeduldigen schonmal die Referenz: Kim Collins, From the Ground Up, Dog Sport Media 2006), aber ich will Euch ja auch erklären, wieso ich dieses Buch so gut finde, und das bedarf einer gewissen Vorrede.

Es gibt Dinge, die wir können wollen – eine Sportart, eine Fremdsprache, oder bestimmte (Kultur-)techniken wie „eine Rede halten“, „sich entspannen“, „einen Arbeitstag durchhalten“, „eine Einladung organisieren“. Und ebenso gibt es Dinge, von denen wir wollen, dass unser Hund sie kann: An der Leine durch die Stadt laufen, im Restaurant still unterm Tisch liegen, zu Hause nicht nerven. Ich meine also nicht Hundesport, nicht Unterordnung, keine Expertenkenntnisse, keine berufliche Spezialisierung, sondern das, was man „halt gewöhnlich kann“, ja häufig einfach voraussetzt. Selten gibt man sich die Mühe, so etwas Kindern, Erwachsenen die es aus irgendwelchen Gründen (noch) nicht können, oder Hunden beizubringen. Ich denke das liegt daran, dass Menschen und Hunde neben vielen anderen Möglichkeiten zu Lernen auch ganz subtil voneinander lernen: durch Beobachten und Nachahmen zum Beispiel. So hat die junge Frau, die von der Arbeit kommt und sich ersteinmal in ihren Lieblingsessel zurückzieht und ein wenig aus dem Fenster schaut, vielleicht über Jahre hinweg ein ähnliches Verhalten bei ihrem Vater beobachtet, der abends nach dem Heimkommen Zeitung las und dabei nicht gestört werden durfte. Sie hat sich nicht vorgenommen: So werde ich es auch tun. Ohne es zu bemerken, hat sie einen Ritus erlernt, der ihr den Transit von der Arbeitswelt in die Freizeitwelt erleichtert.

Aus verschiedenen Gründen fällt es manchen Menschen schwer, solche alltäglichen Techniken einfach mitzubekommen und ohne Reflexion selbst anwenden zu können. Dann erst fällt auf, wie schwer es fallen kann, solche Techniken tatsächlich zu lehren, sie in Bestandteile aufzudröseln und diese lernbar zu machen. Ähnlich fällt es den meisten Hunden leicht, zu verstehen, wenn zu Hause Ruhe angesagt ist, und sie finden für sich eine Möglichkeit, damit umzugehen (z.B. in ihr Körbchen zu gehen). Sie verstehen, dass im Restaurant nichts aufregendes geschehen wird, und dösen unterm Tisch. Manchen Hunden ist aber so etwas überhaupt nicht einsichtig, und dann fällt auf, dass wir, anders als bei Sitz und Platz, und anders auch als bei spezialisierten Such- und Anzeigetechniken, Schwierigkeiten haben, das zu unterrichten. Es geht um Techniken des Zusammenlebens, viele davon fallen unter etwas, was man moralisierend als „Benehmen“ oder „Anstand“ bezeichnen könnte. Es sind soziale Riten, die viel komplexer sind als uns bewusst ist. Es können aber auch komplexe Zustände sein, die wir uns wünschen, von denen wir aber nicht wissen, wie wir sie bei uns und anderen gezielt herbeiführen können. „Normalerweise“ entwickeln Kinder und junge Hunde zum Beispiel ein hinreichendes Selbstbewusstsein, um sich der Welt stellen zu können. Manchmal ist das nicht der Fall, und dann merken wir vielleicht, dass wir gar nicht wissen, wie man Selbstbewusstsein lehrt und vermittelt. „Normalerweise“ lernen Hunde voneinander, miteinander umzugehen – wenn wir versuchen wollen, ihnen das beizubringen, weil es vielleicht bisher nicht funktioniert hat, oder wir die Regeln ändern wollen, braucht es schon einer gewissen Fachkenntnis. Ein Hund, der wirklich nicht weiß, was er tun könnte, wenn ich mich Zeitung lesend und mit Teetasse aufs Sofa setze, dem hilft es nicht, wenn ich ihn anschnauze, bedränge, mich aufrege. Es ist nötig, ihn zu lehren, was er ihn dieser Situation tun kann und soll. Dazu bedarf es keiner negativen Gefühle, sondern wiederum einer gewissen Klarheit der Gedanken (um zu wissen, was das Ziel ist) und einer gewissen methodischen Sachkenntnis (um zu wissen, wie ich einem Hund sinnvoll etwas beibringen kann).

Gespannt, wie ich jetzt den Bogen zu Agility und dem Buch kriege? Das kommt schon noch. ;-)

Showing 3 comments
  • BamBams Frauchen

    Ich mag deine Texte.
    Sehr gut. Vielleicht hilft es mir ja sogar bei den Kindern…. Da gibt es nämlich auch ein ganz bestimmtes Problem, bei dem ich nicht weiß, wie ich es lehren soll. Bin gespannt.

  • Karina

    Das hast du sehr schön geschrieben und dieses Thema ist so unendlich wichtig!
    Das war auch mein Hauptaugenmerk in Hoshis 1. Jahr, alles andere war nachrangig.

    VG
    Karina

  • Dennis

    Der Bogen ist schon ersichtlich ;-) Zwischen Hund und Halter herrscht eine Art Chemie, die positiv oder negativ sein kann. Ein freundschaftliches Band, wenn Du so willst, je stärker und besser es ist, um so natürlicher fließen die Inhalte, die Kommunikation anhand Gesthiken und Körperhaltungen. Ohne jemals Agility gemacht zu haben, erscheint mir das aber wichtig, für derartig komplexe Zusammenhänge, die nicht über Sprache kommuniziert werden können. Ich bin jedenfalls schon gespannt auf Dein Buch und werde auf http://blog.wauzikontor.de auch umgehend eine Rezession schreiben, wenn es erschienen ist ;-)

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