Wie es sich mit einer läufigen Hündin so lebt.
1. Ich mache mit Habca Apportierübungen auf einer großen, ziemlich leeren Wiese. Habca ist an der langen Schleppleine. Ein Chinese Crested Dog ohne Leine kommt angelaufen und schnuppert an meiner Tasche, die ich im Gras abgelegt habe. Das quittiert Habca mit wütendem Gebell, woraufhin ich sie zu mir rufe, den Kleinen jetzt schon fest an ihr Hinteteil geheftet. Habca versucht ihn wegzuschnappen (obwohl ich mich sonst ärgere, wenn sie schnappt, lasse ich das Wegschnappen wenn sie läufig ist zu). „Die ist aber zickig!“, ruft der Besitzer des haarlosen Chinesen herüber. „Naja, sie ist läufig“, rufe ich zurück. „Oh nein!“. Er ruft seinen Hund mehrmals, natürlich ergebnislos. „Der kriegt schon Tabletten gegen seine Triebigkeit, und jetzt das!“, ärgert er sich, „Können Sie sich nicht ein Schild umhängen?“
2. Wir treffen einen Dalmatiner aus der Nachbarschaft, den Habca gut kennt. Habca ist an der Leine, der Dalmatiner ohne und sofort sehr interessiert. „Habca ist läufig.“ „Oh nein!“ Frauchen springt ihrem Hund hinterher, im Kreis um Habca und mich. „Vorsicht! Vorsicht! Der Gustav weiß wie’s geht!“
3. Habca, Dipl. pol. F. und ich spielen Frisbee an einer abgelegenen Stelle der großen Wiese, Habca wiederum an der Schleppleine. Zwei große Hunde und ihre Besitzerinnen stehen ein Stück entfernt, wir halten Abstand, schauen wohl auch immer wieder zu ihnen herüber. Schließlich kommen die beiden rübergalloppiert, eine Hündin und ein Rüde. Habca keift den Rüden an und schnappt ein paar mal, während sie das Mädchen freundlich-interessiert begrüsst und beschnüffelt. Der Rüde aber hat angedockt. Nach einiger Zeit und ergebnislosen Bemühungen seitens von F. und Habca, ihn wegzuschicken, wird auch er gerufen, stellt sich aber taub. Notgedrungen rufe ich also über die ganze Wiese: „Mein Hund ist lääääufig!“. Die Frau kommt herüber um ihren Jungen abzuholen und kommentiert: „Na, das erklärt Einiges.“
4. Schon bei ihrer ersten Läufigkeit konnte ich die Stehtage nicht recht ausmachen. Diesmal passte ich also genau auf, wie der Ausfluss heller wurde. Aber eine Verhaltensänderung schien nicht einzutreten, alle Jungs wurden weggeschnappt. Bis auf diesen einen Abend: Habca und ich trafen einen kurz- und krummbeinigen, schlappohrigen Mischling, einen der ganz wenigen hunde, die ich spontan als „hässlich“ bezeichnen würde. Habca interessiert sich gleich sehr für ihn, zieht über die Strasse, und er legt sich auch noch zur Begrüßung hin. Also rasch meine derzeit übliche Begrüßung: „Ist das ein Rüde, meine ist läufig.“ Der lässige Besitzer schlägt vor, man könnte ja aufpassen. Die Hunde sind verzückt. „Habca, der hat wirklich sehr kurze Beine“, denke ich, „ich meine, es ist Deine Entscheidung, und er hat sicher innere Werte, aber so ein langer Rücken und so kurze Beine, gesund ist das nicht.“ Da sehe ich, wie sie in die Ferne schaut und stehenbleibt, während er sich näher mit dieser veränderten Körperregion befasst. Der andere Besitzer und ich, die Leinen in der Hand, gucken verlegen durch die Gegend, bis wir plötzlich gleichzeitig sagen: „So, ich muss dann mal weiter“ und die Hunde hinter uns herziehen mit dem verlegenen Ausdruck von Eltern, die ihre dreijährigen Kinder bei Doktorspielen erwischt haben und jetzt versuchen, ganz aufgeklärt-liberal zu tun. Am nächsten Morgen werden alle Rüden wieder weggeschnappt, und das bleibt auch so. Mehr „Stehminuten“ also. Und ein eigenwilliger Geschmack, aber was anderes hätte ich von meinem eigenwilligen Hündchen wohl nicht erwarten sollen.
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Ein sehr schöner Artikel zum Tagesbeginn! Auch meine Hündin Bea hat früher alle Rüden bis auf einen Auserwählten weggebissen, sogar auch den eigenen Rüden zuhause. Ihre Wahl traf einen kastrierten Riesenschnauzer, der sich auch redlich bemühte, es aber einfach nicht schaffte. Warum auch sollten Hundedamen nicht so wählerisch sein wie wir Menschendamen?