Habca und ich sind mit dem Schock von Samstag ziemlich unterschiedlich umgegangen.
Ersteinmal ist Habca völlig unverletzt, ja nichtmals dreckig. Sie war offensichtlich froh, zu Hause zu sein, hat an dem Abend noch fast zwei Liter Wasser getrunken und eine doppelte Portion Futter gefressen. Sie hat in den folgenden Tagen mehr geschlafen als sonst, auch auf dem Spaziergang schonmal signalisiert dass sie keine Lust mehr hat und nach Hause will. Sie hat noch in den nächsten Tagen viele Leckerli bekommen und eingefordert und mehr als sonst gefressen, getrunken und geschlafen. Sie hat mit mir gekuschelt, aber „normal“ viel. Sie war anhänglich wie immer, aber nicht übertrieben anhänglich. Sie hat keine Angst mich zu verlieren. Sie hat keine Angst vorm Gewitter oder vorm Autofahren (beides Dinge die sie mit Samstag hätte assoziieren können – ich habe ja selbst kein Auto). Nur eine Sache macht ihr neuerdings Probleme: Wenn ich im Keller bin und sie in der Wohnung (der Keller war voll Wasser gelaufen und ich musste aufräumen) kläfft sie. Sie hört ja, dass ich da bin. Wenn ich weggehe, ist das Alleinebleiben weiterhin kein Problem (soweit ich das beurteilen kann).
Und ich?
Ich habe die ersten Nächte schlecht geschlafen, auf ihren Atem lauschend. Ich kann mich schlecht konzentrieren. Ich hatte die ersten Tage überall unklare Schmerzen. Ich habe beim Spazierengehen Angst sie zu verlieren. Mein normaler Ruf, das Habca mit langem a („Haaaabca!“) kommt mir nicht mehr über die Lippen. Aus den nichtigsten Anlässen kommen mir die Tränen. Ich bin verunsichert über die Prioritäten in meinem Leben, über meine wissenschaftliche Karriere und den Preis, den ich dafür zahle. Ich fühle ein Stück Fremdheit, wenn ich Habca anschaue. Ich denke an den Abschied, der uns irgendwann bevorsteht, an die Gefahren des Alltags. Ich finde es schwer, weiterzumachen. Ich mache mir Sorgen, wenn ich in der Uni bin und sie allein zu Hause. Ich fühle mich erdrückt durch die Verantwortung für sie wie nie zu vor. Ich frage mich, ob ich je wieder einem Hundesitter werde vertrauen können. Ganz ohne wird es nicht gehen.
Na, wer ist hier evolutionär besser ausgestattet zum Überleben?
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Meine Erfahrung: Hunde stecken auch die Erfahrung einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder einer schweren OP relativ schnell und gelassen weg.
Beim Besitzer bleiben diese Erfahrungen dagegen nicht ohne Spuren.
Hunde leben völlig im hier und jetzt, das ist wohl das Geheimnis.
Hallo Philosophin!
Ich glaube, du denkst jetzt zu viel darüber nach. ;)
Was Habca angeht, seh ich das genau wie Karina: Die wollte zu dir, sie hat dich gesucht und aus ihrer Sicht hat sie dich auch „gefunden“. Für Habca war die Aktion erfolgreich. Die macht sich da keine Sorgen mehr drum. Sie weiß gar nicht, dass sie in Gefahr war. Für sie ist alles wunderbar gelaufen.
Wo ich vorsichtig wäre: Wenn sie wieder bei Sittern ist, würde ich mal drum bitten, sie nicht abzuleinen. Denn sie könnte evtl. das erfolgreiche Erlebnis wiederholen wollen. Hat einmal geklappt, klappt beim nächsten Mal wieder. Das Angeleintbleiben wird sie ohne Schaden überleben. Ein zweites Weglaufen vielleicht nicht noch einmal.
Und was deine Gedanken betrifft: Hör auf, dich verrückt zu machen, denn m.E. bist du gerade dabei, das erfolgreich zu tun. Habca ist da. Sie ist bei dir. Sie ist gesund. Sie ist so normal wie immer, wenn man von der Geschichte mit dem Keller und ihrem Bellen oben mal absieht.
Wenn es dich beruhigt, bring ihr ein Supersignal bei, wenn du noch keins hast. Also ein Signal wo sie alles stehen und liegen lässt umd ihre Belohnung zu bekommen, wenn sie bei dir ankommt. Wofür sie alles stehen und liegen lassen würde, weißt du sicher. Du kennst sie am besten. Das hat man ratzfatz im Hund.
Wenn ich deinen Beitrag lese, habe ich ein bisschen die Befürchtung, dass du dich in etwas hineinsteigerst, was letztendlich für euer beider Zusammenleben nicht gut ist. Werde nicht abhängig von Habca und mache Habca nicht abhängig von dir. Was da passiert ist, kann jedem anderen Hundehalter mit jedem anderen Hund auch passieren. Auch die Sitterin halte ich in dem Fall nicht für schuldig. Dass Habca beschließen würde dich zu suchen, konnte niemand ahnen.
Ihr habt eine sehr engen Bindung und das kann auch nach hinten los gehen. Ihr müsst wahrscheinlich beide lernen, dass es absolut normal ist, wenn ihr für einen Tag oder 2 mal getrennt seid. Versuch daran zu arbeiten, dass ihr das beide aushalten könnt. Sonst wirst du möglicherweise sogar die Freude an der Hundehaltung verlieren, wenn du dich jetzt mit Sorgen zerfleischst.
Aber jetzt an deinem Verantwortungsbewusstsein zu zweifeln, oder die Frage zu wälzen, ob du als Hundehalter geeignet bist, halte ich für absolut kontraproduktiv. Du bist eine verantwortungsvolle Hundehalterin, und jeder Hund kann sich glücklich schätzen bei dir aufzuwachsen.
Vesuche die Situation sachlich auszuwerten: Was kann ich tun, damit das nicht mehr vorkommt und ich trotzdem meinen Lebensplan (Wissenschaft, Karriere) verfolgen kann. Euer gemeinsames Leben sollte das Ziel haben, dass Habca sich in dein Leben einfügt, ohne dabei Schaden zu nehmen. Nicht umgekehrt.
So, das ist jetzt viel Text. Ich überlege ob ich es abschicken kann, oder ob es geschimpft klingt. Aber ich glaube, du weißt mich inzwischen einzuschätzen. Ich meine es nicht geschimpft. Es ist nur ein Versuch, dir wieder ein bisschen Bodenhaftung zurückzugeben.
;) Schmatz auf Backe
Evelyn
Hey Evelyn,
ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage in allen Punkten. ;-) Bin schon dabei mich zu bessern. Danke.
Miriam
Naja…. „schuldig im Sinne der Anklage…“ – genau das wollte ich eigentlich nicht. *lach*