Seit ein paar Jahren (seit den 1990er Jahren, sagt Wikipedia) ist es auch in Deutschland recht üblich, Halloween auf die eine oder andere Art zu feiern.
Da für mich und die meisten meiner Kunden Hunde eine Art Familienmitglieder sind, habe ich für mich das Bedürfnis, sie auch in alle Arten von Fest- und Feiertagen irgendwie einzubeziehen. Ich bin mir bewusst, dass das nicht das Bedürfnis von Hunden ist – ich glaube, meine Hunde sind einfach gern „dabei“ und machen alles mögliche gern mit, egal was.
An Halloween ist mir eine dahinter stehende Bedeutung auch ziemlich schnurz – wie vielen Menschen an vielen Feiertagen. Da geht es mir nur darum, Spaß zu haben. Und interessanterweise können Menschen ja Spaß am Gruseln haben, am Erschrecken, an der eigenen Furcht! Ich bin mir noch nicht sicher, aber ich glaube eher nicht, dass es das auch bei Tieren gibt. Was es aber schon zu geben scheint, ist Spaß am Überwinden einer kleinen Furcht oder eines Vorbehalts. Also ein Erkunden und Entdecken, das nicht ganz so einfach ist.
Bei meinem kleinen Halloween-Fest für Hunde und Menschen habe ich daher beides versucht, denn ich will ja immer, dass es Mensch und Hund Spaß macht: die Menschen sollten sich ein wenig Gruseln dürfen, die Hunde sollten Aufgaben lösen, die nicht furchteinflößend sind, aber für die man sich ein klein wenig was trauen muss.
Da Furcht und Mut individuell sehr unterschiedlich sind, habe ich es vorsichtig angehen lassen, und alle Hunde wurden durch ihre feinfühligen Besitzer und einen zusätzlichen Betreuer begleitet.
Aufgaben waren zum Beispiel:
- erstmal, sich überhaupt im Dunkeln in meinen Garten zu trauen
- mit seinem Menschen in einen Wohnwagen, in ein Zelt und in einen alten Hundezwinger gehen, also von außen nicht einsehbare Räume mit begrenzten Fluchtmöglichkeiten
- verschiedene Behälter umstupsen oder anschubsen
- über ungewohnte oder nicht vollständig einschätzbare Untergründe gehen, wie Knisterfolie, Bretter, Stege
- durch Tunnel gehen, durch einen Reifen steigen, der anders aussah
- durch ein Flatterband-Tor gehen
- kostümierte Menschen sehen
- „künstliche“ Menschen (ein verkleideter Weihnachtsmann, eine halbe „Leiche“ bzw. ausgestopfte Hose mit Schuhen) und einen lebensnahen Stoffhund erkunden
Worauf ich beim Halloween-Feiern mit Hunden komplett verzichte, ist:
- alle Formen von Erschrecken, Hervorspringen, Anfassen etc.
- Knallen und Knallgeräusche
- Kostümierung der Hunde, die dem Hund unangenehm sind oder ihn in irgendeiner Form beeinträchtigen
Besonders achte ich außerdem auf
- erhöhte Verletzungsgefahr im Dunkeln: manche Vereine machen z.B. eine Art Agility im Dunkeln, das kommt mir gefährlich vor
- Stresszeichen bei den Hunden
- den Hund motivieren, auch ein Zaudern zu überwinden, aber ihn nie drängen, etwas zu tun, wovor er sich fürchtet – auch nicht mit Futter! Es ist immer besser, wenn ein Hund, der Angst hat, sich entfernt, als wenn er denkt, Entfernen sei keine Option!
Vielen Hund macht Halloween auch schon ohne spezielle Halloweenfeiern für Hunde Mühe:
- es klingelt ständig an der Tür
- viele Hunde sind im Dunkeln eh wachsamer oder reaktionsbereiter
- verkleidete Menschen können den Hund erschrecken
- Menschen sind enthemmter, können sich für den Hund schwer einschätzbar verhalten, ansprechen, rennen, tanzen, rufen, mit Sachen werfen usw.
Das heißt: Viele Hunde sind zu Halloween am Besten zuhause und mit ausgestellter Klingel aufgehoben! Den Hund an menschlichen Festen zu beteiligen, sollte meines Erachtens nach einer sorgfältigen Abwägung passieren. Um wessen Spaß geht es? Was hat der Hund davon? Schadet es dem Hund? Ich hatte tatsächlich schon Hunde in der Verhaltenstherapie, die seit einer „Nachtübung“ oder „Nachtwanderung“ in Hundeschulen und Hundevereinen ängstlich oder auch aggressiv reagierten.
Macht Euch immer klar, dass ein Hund – noch viel weniger als ein Kind oder ein Mensch aus einer anderen Kultur – ja nicht „weiß“, dass es ein besonderer Tag ist, eine Ausnahmesituation. Er muss das was passiert ja für „bare Münze“ nehmen!
Natürlich ist es eine gute Idee, einen etwas ängstlicheren Hund oder auch einen Welpen oder Junghund mutiger zu machen, und auch an eine Menge seltsame Dinge zu „gewöhnen“. Genau dazu werden Halloween-Veranstaltungen von Hundeschulen und Hundevereinen gern angepriesen – aber genau dazu taugen sie meines Erachtens nicht. Oder, anders gesagt: dazu wissen zu wenige Menschen, wie „gewöhnen“ denn funktioniert! Und dann wird aus „gewöhnen“ (habituieren), oder auch „desensibilisieren“ plötzlich ein „sensibilisieren“. Ein Hund, dem Kopfbedeckungen bisher ein wenig suspekt waren, sagt sich: „habe ich es doch geahnt, Männer mit Hut sind tatsächlich gefährlich und müssen angegangen werden!“
Mit Angst vernünftig umzugehen, ist nicht leicht, und meines Erachtens sollte man da auf jeden Fall einen Experten hinzu ziehen.
Aber mit unserer eigenen Angst können wir uns an Halloween ja auseinandersetzen! Wir können sie lustvoll erleben, können kreischen und wegrennen und zwischen gespreizten Fingern doch nochmal hinschauen. Wir können Horrorfilme gucken und uns gruselig verkleiden, Kekse essen, die aussehen wie Hexenfinger, und uns Gespenstergeschichten erzählen. Im geschützten Rahmen eines Feiertages können wir uns sogar mit dem Tod auseinandersetzen, dem Sensenmann, mit Skeletten und Untoten und Jenseitigen. Mit der Grenze zwischen Tod und Leben, und ihrem möglichen Verwischen. Wir können ein klein wenig Philosophie betreiben…
[Edit 3.11.:] Hier noch ein paar Fotos von Simone, die den Halloween-Abend mit mir gestaltet hat!
Welches Hund-Mensch-Team traut sich, Knochen aus dem Grab auszubuddeln?
Den Höllenhund an der Kette fanden die Teilnehmerhunde sehr interessant! Ich hatte dem armen Kerl ein Stachelhalsband angezogen… :-o
Rike sagt, die Leiche riecht nach Herrchen!
Spike mitten in den Spinnennetzen:
Gruseliger Tunnel für Zwei- und Vierbeiner (dadrunter sind meine Hoopers!):
Und das hier war das Deko-Highlight, eine Idee von Pinterest (natürlich): ein Zombie klettert aus dem unterirdischen Zombie-Gefängnis!