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„Da habe ich ja noch nie von gehört!“ begegnet mir im Moment öfter, als Erklärung (?) oder Entschuldigung (?): dass es in der Hundeführerscheinprüfung zu ableistischer Diskriminierung gekommen ist. Dass dem Assistenzhund der Zutritt verweigert wurde. Dass Nachteilsausgleich in der Prüfung zur Hundetrainerin nicht vorgesehen sind.

„Noch nie davon gehört haben“ ist ein Privileg. Schön für dich, wenn du dich noch nie mit Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Sexualität, Behinderung oder anderen Labeln auseinandersetzen musstest. Deinem Gegenüber bringt das gerade genau gar nichts – er/ sie* muss das nämlich vermutlich schon sehr lange.

Ganz ehrlich: Vor ein paar Jahren wusste ich auch noch nicht viel über Nachteilsausgleich, Eingliederungshilfe, Zutrittsrechte oder Barrierearmut. Ich habe vor 2013 weniger über Rassismus gewusst als heute, und noch vor ein paar Monaten weniger über die Vielfalt der Geschlechter als jetzt.

Als Hundetrainer*innen kennen wir uns mit der Veränderung von Verhalten aus – oder? Fangen wir bei uns an. Fragen wir unsere Kund*innen: Was brauchst du, um dich sicher zu fühlen? Was brauchst du, um lernen zu können? Was brauchst du, um dein Verhalten ändern zu können? Wie kann ich dir diese Erfahrung ein bisschen angenehmermachen? Wie kann ich kein Arschloch sein?

Und klären wir auch für uns selbst: Was sind meine Privilegien? Meine Diskriminierungserfahrung und meine Lerngeschichte? Auch Hundetrainer*innen sind neurodivers oder neurodivergent haben eine Hautfarbe und ein Geschlecht (oder zwei, oder keins). Sie haben eine mentale Gesundheit und unterschiedliche Grenzen.
Ich weiß, dass ich ganz viel noch nicht weiß. Dass ich von ganz viel noch nicht gehört habe. Und dass es ein enormes Privileg ist, mich so sehr ins Thema hineinzuarbeiten, wie ich das gerade tue. Weil ich die Ressourcen dafür habe. Nicht jede*r Hundetrainer*in kann und muss das tun. Aber vielleicht schlucken wir unser „von SOWAS habe ich ja noch nie gehört!“ runter und hören zu.