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„Von [all] dem […] hörte Blauvogel nichts, dafür hörte er die Mutter, die sich mit strahlenden Augen über ihn beugte: „Du sollst auch gut schlafen, mein Junge. Du bist ja wieder zu hause.“
(Anna Jürgen: Blauvogel: 189)

Ich habe Janna heute mittag nach hause geholt. Sie hat die Operation am Donnerstag mit Ach und Krach überstanden, der von der Gebärmutter ausgehende Zuwachs wurde entfernt und Darm und alle Organe wieder dahin verlagert wo sie hingehören. Seitdem bekam sie beim Tierarzt Schmerzmittel, Kortison und Flüssigkeit. Sie ist wach, hat die Augen auf. Bewegen kann sie sich nicht gut, in den Hinterbeinen hat sie Streckkrämpfe. Die Ärzte wissen nicht was mit ihr los ist, warum sie „nichts macht“. Vielleicht gibt es ein neurologisches Problem. Vielleicht sei das einem Wachkoma vergleichbar.

Janna im Juli 2009, kurz nach ihrem Einzug bei uns

Ich habe viel mit der großartigen Tierärztin telefoniert. Sie hat sich viel Zeit genommen und alles so gut erklärt wie sie es konnte. Ich hörte Tränen in ihrer Stimme als sie heute morgen sagte dass es nun an der Zeit sein könnte. „Einschläfern“. „Erlösen“. Aber natürlich würden sie es auch übers Wochenende weiterprobieren, wenn wir das wollten. Sie läge halt so da. Schmerzen schiene sie nicht zu haben. Aber sie sei auch nicht richtig „unter uns“.

Ich weiß was ich will. Ich weiß nur noch nicht immer so gut wie ich es kommunizieren kann. Aber die Tierärztin machte es mir leicht. Sicher sei es auch ein Faktor dass Janna ihre Kumpel vermisse. Es sei zwar unwahrscheinlich dass sie das Wochenende überlebe, aber bei Meerschweinchen wisse man ja nie… und wenn wir ihr Futter einflößen könnten…

Ich halte mich für einen Menschen mit wenigen Grundsätzen. Vielleicht ist das jetzt ein neuer: „Gestorben wird zuhause“, erklärte ich der aufgeregten Habca. Die unterkühlte Janna kroch, an meinen Hals gedrückt, unter den Kragen meines Hemdes und wurde ganz ruhig. Habca drängte sich an mich. Ronja und Lance futterten geräuschvoll ihre Gurke. Ich lächelte F. an. Ich spürte wie Janna warm wurde. „Du bist ja wieder zuhause“, flüsterte ich ihr zu.

Sie sitzt im Stall, durch ein Gitter von Lanzelots und Ronjas Ungestüm getrennt, mit einem Handtuch über ihr, einer Rotlichtlampe, sie kriegt Gurkenwasser und Päppelfutter und stundenlang halte ich sie , halb unter meinem Hemd, ganz warm an meinen Hals gedrückt.

Es ist okay. Wir sind alle da. Wenn Du gehen musst darfst Du gehen, aus unserer Mitte heraus, in meiner Wärme. Es ist alles in Ordnung. Du bist ja wieder zuhause.

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