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Bevor ich heute abend für drei Tage nach Bristol zu Konferenzen fliege, haben der Hund und ich noch einen ruhigen Rheinspaziergang gemacht. Am „Kasteler Strand“, eine dieser zeitgemäßen Sandaufschüttungen am Ufer großer Flüsse, habe ich einen Kaffee getrunken und es war ganz leer und friedlich, nicht zu heiß, nicht zu kalt, ich saß in einem Liegestuhl, das Rheinwasser schwappte mir vor die Füße und Habci lehnte sich schwer an mich. Ich schaute auf Mainz hinüber, ließ den Blick schweifen, und die Nasenflügel des Hundes bebten unaufhörlich. Gerne hätte ich zu ihr gesagt: Schau mal, der Tauchvogel da, jetzt ist er wieder ganz lange weg; und manchmal legte sie den Kopf in den Nacken, schaute mich an und fragte lautlos Hast Du das da auch gerade gerochen? Ich dachte über die Konferenz nach, zu der ich fahre, und bei der es unter anderem um die kognitiven Fähigkeiten von Tieren gehen wird, und ich überlegte wieder einmal, welche Rolle Tiere in meinem eigenen Buch spielen sollen. Aus den Lautsprechern klang Edith Piafs „Je ne veux pas travailler„. Wenn man die Augen schloss und ein Schiff fuhr vorbei, hörten sich die Wellen an wie am Meer. Weißt Du noch, das Meer in Frankreich, fragte ich Habca, und sie sah versonnen in die Ferne. Vielleicht fahren wir da noch mal hin, vielleicht sogar für länger, damit ich besser schreiben kann.
Ich trank etwas heißen Kaffee und reichte Habca das Kondensmilchdöschen, damit sie es vorsichtig auslecken kann.
Weißt Du
, sagte Habca schließlich zu mir, ich glaube, es ist gar nicht so schlecht, der Hund einer Philosophiedoktorandin zu sein.

Aber Philosophiedoktorandinnen müssen auf Konferenzen reisen, dachte ich bei mir, sie müssen Vorträge halten und zu Kolloquien fahren, und dort können sie ihre Hunde nicht mitbringen, und dabei brauchen sie doch einander, Philosophiedoktorandinnen und Philosophiedoktorandinnenhunde. Und gerade Du, Habca, Du nimmst es so schwer, Du wirst traurig sein, wenn ich weg bin. – Aber ich wagte es nicht, ihr das zu sagen. Philosophiedoktorandinnenhund zu sein tut doch auch weh, dachte ich. Habca rückte sich ein wenig zurecht im Rheinsand, und drückte ihren Kopf gegen mein Knie.

Ich habe nicht genau verstanden, was sie dann sagte, aber es klang nach Es ist okay, oder Es ist gut wenn Du dein Leben lebst, oder Ich warte ja hier auf dich, und plötzlich kam es mir vor, als sei sie mit ihren zwei Jahren viel älter als ich, viel weiser jedenfalls, was zweifellos an der Wiedergeburt ihrer Seele liegen muss, den Erfahrungen aus tibetischen Klöstern, an die sie sich dunkel erinnert, oder einer verschwommenen Ahnung des jahrtausendealten Paktes von Mensch und Hund. Wir brachen auf, und ich bewunderte die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihr Leben an meiner Seite zu leben bereit ist, ihr Gefühl für ihren Platzes im Leben, aus dem eine Sicherheit erwächst, die ich selbst im Moment gar nicht habe. Und so sagte sie mir, dass es in Ordnung sei, wenn sie die kommenden Tage mit F. verbringe, ohne mich.

 

Showing 2 comments
  • Banjo's Frauchen

    Ich bin stolz auf euch. :))
    Auf Habca, weil sie so weise ist, dich nicht zu klammern. Und auf dich, weil du noch lernfähig bist. ;)

    Viel Spaß in Bristol. Ist das nicht die Stadt mit dieser traumhaften Brücke? Über die man fährt, wenn man mit dem Auto nach Irland will? Ich würde wahrscheinlich die ganze Zeit drunter oder drauf verbringen. :))

    Mach mal Fotos. Ich hab keins. *mitaugenklimpert*
    Banjo*s Frauchen

  • Jules

    Liebe Miriam, liebe Habca,

    ich möchte mich bei Euch bedanken!
    Wir kennen uns nicht persönlich, aber ich habe während der letzten Monate ausführlich Euren Blog gelesen. Er hat mir wirklich sehr geholfen, die Tibet Terrier kennen zu lernen – und ich war nach kurzer Zeit so begeistert, dass für mich nach meinem Entschluß, mir einen Hund anzuschaffen, nur noch ein Tibi in Frage kam! Ich bin auch 26 und mit Hunden aufgewachsen, da meine Mutter eine begeisterte Hundehalterin ist. In der Vergangenheit hatten wir Chow-Chows und Schlittenhunde, und jetzt haben wir einen zweijährigen Border Collie.
    Ich bringe also aus meinem Auslandsaufenthalt aus Tschechien einen kleinen Tibet Terrier namens Alani mit – und das habe ich zum großen Teil Euch beiden zu verdanken! Ich habe mich sofort in die Tibis verliebt und bin mir sicher, dass sie genau die richtige Rasse für mich sind:-) Es ist schade, dass ihr beiden mittlerweile in Mainz wohnt. Aber wenn ihr mal wieder nach Berlin kommen solltet, würde ich mich wirklich sehr freuen, wenn wir uns mal treffen könnten, damit Habca und Alani zusammen spielen können:-)
    Ich habe nun einen eigenen Blog, in der Hoffnung, dass auch ich vielleicht zukünftigen Hundebesitzern bei ihrer Entscheidung helfen kann. Noch ist er nicht groß, denn Alani ist erst knapp 7 Wochen alt:-) Hier ist die Adresse: julesundalani.blogspot.com
    Ich würde mich sehr freuen von Euch zu hören!

    Liebe Grüße sendet Euch Julia aus Berlin.

    PS: Ich wollte an die yahoo-Adresse schreiben, aber das hat irgendwie nicht geklappt.

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