Vor etwa zwei Wochen sah ich es zum ersten Mal: Ein schwarzfelliger Körper, der im Rhein trieb, etwa in Habcas Größe, etwa mit Habcas Fellstruktur, bewegungslos, zwischen Ästen und Plastikflaschen, und es war einer dieser Momente in denen sich der Bauch verkrampft und man sich rasch nach dem eigenen, einen fröhlich anhechelnden Hund umschaut und ihn, der ganz überrascht guckt, einmal kurz drücken muss.
Von da ab sah ich diesen Körper jeden Tag beim Spaziergang, wie ein Rücken sah er aus, Katze oder Hund oder etwas anderes, genau zu erkennen war es nicht, und ich redete mir ein, es sei sicher bloß ein schwarzer Badezimmerteppich, der sich über irgendetwas – einem Stück Holz vielleicht? – so verfangen hatte, dass es nun aussah wie ein Tierrücken, aber sicherlich keiner sei. Wäre es tatsächlich ein Tier, sagte ich mir, so würden doch Fliegen dort sitzen, und es würde riechen, und die Hunde würden sich dafür interessieren. Nichts von alledem war der Fall. Und doch hatte ich jedes Mal ein flaues Gefühl im Magen, wenn ich es dort treiben sah, und ich glaubte zu spüren, dass es doch ein Tier sei, und dass irgendwo rheinaufwärts eine Familie um ihren Hund, Habca so ähnlich, bangte. Bei jedem Morgenspaziergang mit einem Faustschlag in die Magengrube an die Sterblichkeit und Verletzlichkeit meiner besten Freundin erinnert.
Als der Wasserstand fiel, lag der Körper auf dem Trockenen, immer noch nur ein Rücken zu sehen, immer noch war ich unsicher, aber die Fliegen kamen, und es roch ein bisschen. Ich rief das Grünflächenamt an und erfuhr, die Feuerwehr sei für so etwas zuständig. Die Feuerwehr – ich wollte ja nun nicht gerade die Notrufnummer wählen – war nicht zu erreichen, schließlich schrieb ich eine Email. Auf den einschlägigen Internetseiten fand ich keinen vermissten schwarzen Hund.
Heute morgen war der Körper weg. Ich weiß nicht, was geschehen ist, ich weiß nicht, ob es tatsächlich ein Hund oder eine Katze war. Aber ich blieb einen Moment stehen und ich dachte an die, die ihr Tier möglicherweise suchen, und die sicher nicht benachrichtigt werden, und ich schaute Habca lange still zu, wie sie im Wasser plantschte und Stöcke an Land zog und auf den Steinen herumkletterte. Nicht nur unser alter Lieblingslöwenhund, wir alle springen dem Tod jeden Tag von der Schippe, und wir vergessen so oft, dankbar dafür zu sein, diesen Tag gehabt zu haben, und diesen auch noch, und jenen.
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Ja, das denken wir oft, wenn wir Katzen überfahren sehen. Oder Igel, obwohl die ja keinem gehören. Und Frauchen sagt manchmal, sie hofft, dass wir Menschen vor dem Hundegott niemals Rechenschaft für alle überfahrenen Tiere ablegen müssen, denn sie selbst hat auch mal ein Kaninchen tot gefahren. :( Das ist nicht lustig. Und das Leben kann jederzeit zu Ende sein.
Wenn wir gucken: Der Merlin, der Lord, ich – wir genießen alle unsere letzten Tage weil wir alt sind. Aber wer von den anderen weiß schon, ob nicht heute auch sein letzter Tag ist? Lasst uns alle das Leben mit unseren Menschen genießen. Jeden Tag.
Das hast du sehr schön geschrieben.
Euer Lieblingslöwenhund
Banjo
Bijou sagt: sich das jeden Tag bewusst zu machen – das ist wirklich wichtig und Elementar. Dagegen sind doch andere Dinge über die man im täglichen Dasein stöhnt eígentlich Peanuts.
P.S. wir sind ab und an mal in Oppenheim – da könnte Bijou sich mal zu Spaziergang verabreden ?
Viele Briardgrüße Bijou
Carpe diem! Jeden!
Wuffwuff
Merlin und Hoshi
Wenn es wirklich ein Tier war tut mir auch die Familie leid, die in Unwissenheit ausharren müssen.
Passend zu unsere Lebenseinstellung glauben wir jetzt aber mal an den Badvorleger. So!
einredende Grüße, Nouki
Habe nochmal eine Rückmeldung von der Feuerwehr eingefordert und erhalten: Es war tatsächlich ein Hund, der „aufgrund seines Verwesungszustandes“ nicht mehr identifizierbar war. Ich überlege, ob ich trotzdem mal Tasso anrufe, aber ich kann ja auch nichts Genaues sagen.