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Ich will Euch hier eine Struktur für einen Spaziergang oder auch nur einen Ausflug mit Eurem Hund/ Euren Hunden vorstellen, die man „Rucksack Walk“ nennt. Die Idee ist relativ simpel, und ich denke, nicht nur ich, sondern viele Trainer und Hundebesitzer haben etwas in der Art schonmal gemacht. Aber dem Kind einen Namen gegeben hat, soweit ich weiß, Steve Mann. Er hat Hunde in Peru beobachtet – so genannte „Besitzerhunde“, das heißt, sie haben ein Zuhause, wo sie schlafen, aber tagsüber laufen sie frei herum. (Stefan Kirchhoff in dem sehr empfehlenswerten Buch „Streuner“ berichtet auch darüber). Die Frage ist nun: was tun diese Hunde? Die meiste Zeit: nicht viel. Und: was sie tun, tun sie eher langsam. Sie rennen nicht durch die Gegend.

Ihr wisst ja, auch ich bin ein Fan der Langsamkeit mit Hunden. Und was ich noch mag: gemeinsam erkunden. Gemeinsam was erleben.

Also schnappte ich mir diese vier hier:hundephilosophin1803

… und dazu einen Rucksack (jaaa, deswegen der Name!), darin:

  • eine ausgedruckte Anleitung,
  • zwei kleine Behälter, tupper-artig
  • in einem davon ein Geruch – jedes Mal, wenn ihr den Rucksack-Walk durchführt ein anderer (z.B. Teebeutel, oder 1 Tropfen ätherisches Öl auf einem Stückchen Stoff)
  • im anderen etwas zu essen, auch jedes Mal etwas anderes,
  • außerdem noch etwas zu Kauen
  • und ein „thing“ – egal was. Irgendein Gegenstand der in den Rucksack passt
  • und damit ich nicht neidisch werde, hatte ich für mich einen Kaffee und zwei abgepackte Kekse dabei

Ich hatte mir diese ganzen Sachen übrigens vor einiger Zeit schon vorbereitet – vorm Advent, genau genommen, denn der „Rucksack Walk“ war Teil des „Adventskalenders für Mensch und Hund“, den ich letztes Jahr verkauft habe. Und dann war ich irgendwie nie dazu gekommen, und habe die ganzen Tütchen tatsächlich mit umgezogen. Jetzt fielen sie mir wieder ein, als ich beschloss, einen Spaziergang an der Leine zu machen, weil in meinem Lieblingswäldchen hier dermaßen viele Rehre unterwegs sind (oder es sind gar nicht viele, und sie stalken mich?).

Den Rucksack Walk soll man angeleint machen.

Tatsächlich ist er auch besonders gut geeignet für Hunde, die man nicht von der Leine lassen kann. Wer von Euch z.B. mit Tierheimhunden spazieren geht: dafür ist es auch super. Oder eingeschränkte, kranke Hunde. Hunde, die von einem „richtigen“ Spaziergang überfordert wären.

Man muss nämlich gar nicht wirklich spazieren gehen (ich habe es gemacht).

Man braucht irgendeinen ruhigen Ort, an dem man möglichst nicht gestört wird, etwa von der Größe eines
Tennisfelds. Es kann auch ein Garten sein, dann aber lieber der von einem Nachbarn oder Freund als euer eigener. An dem Ort soll nichts sein, was euren Hund ängstigt oder aufregt. Gras ist gut, aber kein Muss. Amis nehmen auch einen leeren Parkplatz. Ihr solltet möglichst nicht mehr als ein paar Minuten dahin brauchen, und auch der Hin-und Rückweg sollten nicht aufregend sein.

Dann geht’s los.

Schlendert gemeinsam an der langen Leine herum. Wenn der Hund zu sehr rennt, verlangsame ihn sanft. Mach ein kleines Geräusch, damit er dich anschaut, und wirf ihm ein Stücken Futter zu. Ihr könnt aber auch einfach nur herumschlendern, schnuppern, pinkeln.

Wir sind statttdessen ein Stück mit Schleppleinen durch den Wald gelaufen.

Dann kommen die „Triangle recalls“: wenn dein Hund bei dir ist, lass ein Leckerchen auf den Boden fallen, und laufe (zügig) von ihm weg, möglichst rückwärts, soweit die Leine reicht. Wahrscheinlich kommt dein Hund von selbst mit, wenn nicht, rufe ihn freundlich. Lass wieder ein Leckerchen zu deinen Füßen fallen, und laufe rückwärts weg. Deine Laufwege sollen dabei ein Dreieck bilden. Damit verhinderst du, dass ihr auf neues Gelände kommt, was für den Hund zu interessant sein könnte, und ihn davon abhalten, sich auf euer Spiel zu konzentrieren. Das soll man ein paar mal machen.

Den Teil habe ich dieses mal weggelassen. Ja, ich weiß… ich mag es nicht so, wenn mir zu genau vorgeschrieben wird, was ich tun soll.

Als nächstes soll man sich hinsetzen, den Rucksack abnehmen, und ihn langsam und feierlich öffnen.

(Das war bei mir der Moment, an dem ich bemerkte, dass Habca fehlt – ausgerechnet Habca! Ich habe überall geguckt und sie nicht gefunden. Rike hat sie dann aufgestöbert, wenige Meter von mir entfernt im Gebüsch. Ich hätte darauf kommen können: es gibt eigentlich nur einen Anlass, bei dem Habca nicht mehr hört. Ich sag mal so: Menschen, könnt ihr nicht wenigstens Kacktüten mitnehmen? Und damit meine ich jetzt ausnahmsweise NICHT die Hundebesitzer!)

Bei mir war also etwas mehr Schauspielerei gefragt, jetzt liebevoll meinen Rucksack aufzumachen. Ich habe mich erstmal ein paar Minuten beruhigt.

Dann habe ich den Behälter mit dem Geruch herausgeholt. Man soll ihn vorsichtig halten, „wie ein Vogelbaby“, heißt es in der Original-Anleitung. Ich fand meine Tüte also spannend, aber auch nicht zu spannend, damit ihn mir nicht alle aus der Hand reißen wollen. Ich öffne ihn ganz langsam, und lass einen Hund nach dem anderen schnuppern. Ich selbst habe ehrlich gesagt gar nicht mehr erkannt, welches ätherische Öl das mal war – ich nehme an, die Hunde haben es gerochen. Man soll sei seinem Hund ein Vorbild in der vorsichtigen Handhabung sein, das hat auch ganz gut geklappt. Dann steckt man diese erste Dose langsam wieder in den Rucksack.

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Jetzt machst du dasselbe mit dem „Gegenstand“. Nimm ihn langsam heraus, tu so, als sei es etwas sehr wichtiges, aber  ruhig und leise. Untersucht es gemeinsam. Dein Hund kann es beriechen, anlecken, halten, wenn er will.

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Ich hatte als „Gegenstand“ einen kleinen Igelball dabei, den die Hunde noch nicht kannten. Meine Überlegung war: damit kann man viel machen. Angucken, beriechen, ins Maul nehmen, massieren, kullern… und es ist nicht zu groß und nicht zu schwer. – Naja, Habca hat ihn relativ zügig in Beschlag genommen und zerstört.

Ich habe dann die Reste eingepackt.

Als nächstes ist der Behälter mit dem Essen dran. auch den soll man ganz langsam öffnen, den Hund erstmal schnuppern lassen. Selber daran riechen. Wenn möglich, in kleinen Stücken füttern – es soll ein bisschen dauern. Zelebriere den Moment.

Ich sag mal so: eine Herausforderung!

Ich fand für mich selbst ein Stück Lebkuchen vor, und habe versucht, die mangelnde Achtsamkeit der anderen vier wettzumachen.

Zuletzt kommt dann noch eine Kaustange für jeden. Man soll versuche, in Verbindung zu bleiben, während der Hund kaut. Tatsächlich fand ich es nett, an dieser wirklich schönen Stelle zu sitzen, mit Blick über Weinberge und Rheintal, und die Hunde liegen rum und kauen was. Ich habe jetzt nicht versucht, jemanden dabei anzufassen oder sowas. Vielleicht würde ich es eher machen, wenn ich mit einem Hund alleine wäre. Aber ich hatte dennoch das Gefühl, dass da „Verbindung“ war. Dass wir zusammen hier waren. Und dass wir es alle schön fanden, zusammen hier zu sein.

Worum es beim Rucksack-Walk geht?  Um Achtsamkeit. Es geht nicht darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, oder sofort eine Verhaltensänderung festzustellen.

Mein Resümée? Ich fand es „nett“, aber auch ein wenig seltsam. Zum Beispiel hatten wir so viele spannende Gerüche unterwegs schon entdeckt – jetzt saß ich da und holte aus meinem Rucksack ein Stück Stoff mit irgendeinem ätherischen Öl? Wisst ihr, was ich meine? In unserem (geruchs-)reichen Leben war das ein bisschen schräg. Ich könnte es mir aber gut als Enrichment für Hunde vorstellen, die sonst wenig zu entdecken haben.

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Was ich schön und wichtig finde, und grundsätzlich so handhabe: dass man diese spannenden Gerüche unterwegs nicht einfach überrennt. Dass man den Hunden die Zeit gibt, ihre Welt wirklich ausgiebig zu erkunden und zu verarbeiten. Und dass man sich selbst auch einbringt. Ich schaue mir total gern an, was sie da gefunden haben. Mit der Hundegruppe finde ich es spannend, zu beobachten, wie sich gegenseitig Sachen „zeigen“, und was wen interessiert. Rike muss zum Beispiel immer sofort bei allen gucken, was sie gefunden haben – umgekehrt deutlich weniger. Rike kann an keinem Loch, Abfluss, Eingang, Unterführung etc. vorbeigehen, ohne tief die Luft einzusaugen. Während Mauri und Rike viel nach Wildspuren und Wildwitterung gucken, interessiert Nico sich vorwiegend für Hundemarkierungen, und Habca für die Hinterlassenschaften aller möglichen Tiere.

Ich finde natürlich auch Dinge, die mich interessieren – eher visuell als geruchlich, und zeige sie den Hunden. Sie sind auch immer höflich genug, sich das anzuschauen, und manchmal posieren sie für ein Foto. Besonders Rike hat letzteres perfekt raus, sie stellt sich an allem möglichen hoch, oder springt drauf, wartet bis ich abgedrückt habe, und holt sich ihre Gage ab.

hundephilosophin1804-5 Unterwegs Pause machen, und dabei was Essen, machen wir auch fast immer. Draußen entspannen können finde ich wichtig, und was hilft da besser als eine Bank und eine Kaustange.

Also, ich würde sagen: der Rucksack Walk ist eine nette Idee, die ich so in ihrer festen Form nicht brauche, deren Grundgedanke ich aber total gut finde, und ich kann mir Situationen und Konstellationen in meinem Leben vorstellen, in dem ich ihn auch so anwenden würde, wie es vorgegeben wird.

Wollt ihr auch einen Rucksack Walk probieren?

 

Hier findet ihr Anleitungen und Beispiele:

https://dogidogblog.wordpress.com/2016/06/20/the-rucksack-walk/

https://www.youtube.com/watch?v=WF7HFytKJHc

https://www.youtube.com/watch?v=BOdqbkIxbtw

https://www.youtube.com/watch?v=ARIr-vvmJYo

 

Und hier kommt euer Ostergeschenks-Freebie: Ich habe euch die Anleitung und die Liste, was ihr mitnehmen müsst, knapp zusammengefasst. Ich hatte meine Anleitung tatsächlich dabei, damit ich mir die Reihenfolge nicht merken musste. Ihr könnt sie hier kostenlos downloaden und ausdrucken.

Ich wünsche euch viel Spaß, und erzählt doch mal, wie es war!

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