Es klingt immer ein bisschen doof, finde ich, aber es gibt tatsächlich eine Übung für Hunde, die für mich der gemeinsame Grundstein für die Bearbeitung ganz vieler unterschiedlicher Verhaltensprobleme ist.
Das ist praktischerweise auch noch eine ganz einfache Übung: der Hund soll hingucken (in die Welt, auf den anderen Hund, das Reh, den Auslöser – was auch immer ihn gerade interessiert oder ihm Angst macht oder ihn erzürnt) und dann wieder zu mir gucken.
Hingucken. Weggucken. Hingucken. Weggucken.
Das ist alles. Da braucht es nichtmals viele Muskeln zu. Allerdings einiges an Impulskontrolle. Und die so genannten Exekutivvfunktion: löse dich vom Objekt deiner Aufmerksamkeit. Und nochmal. Und nochmal. Man könnte es auch „geistige Beweglichkeit“ nennen. Oder man könnte sagen: „schau es dir an, aber steigere dich bitte nicht so rein.“
Kein Wunder, dass Übungen dieser Art in vielen Trainingskonzepten vorkommen:
- in Leslie McDevitts „Control Unleashed“ als „Look at that„
- in Grisha Stewarts „Behaviour Adjustment Training“ als BAT 1.1 und 1.2
- bei Kayce Cover und Ute Blaschke-Berthold als „Zeigen und Benennen“
- auf deutsch hört man auch oft „Click for Blick“
Ich will das keinesfalls alles in einen Topf werfen – folgt den Links und schaut euch die Methoden an! Sie haben große und kleine Unterschiede, und übrigens werden sie auch oft falsch und schlecht trainiert, und dann sagt euch irgendjemand, die Methode sei doof, dabei ist etwas schief gelaufen – zum Beispiel passiert es schnell, dass man die aufgeregte Emotion mitverknüpft, was man tunlichst nicht tun sollte.
Aber diese Methoden haben auch alle etwas gemeinsam: nämlich, dass der Hund zu dem „Problem“ hinschauen darf und soll, und irgendwann wieder wegschauen soll.
Mit der kleinen, leicht erregbaren Rike habe ich von Welpenalter an geübt: schau dir die Welt an, schau mich an. Kommuniziere mit mir über das, was du siehst.
Im Gegensatz zu meinem Tibetterrier findet Rike auch die Tiere des Waldes sehr spannend. Ich wusste, als ich sie adoptierte, dass ihre Verwandtschaft durchaus jagdinteressiert ist, und dass Schipperkes sowieso gerne mal Jäger sind, und konnte von Anfang an gegenarbeiten – dabei war wieder das In-den-Wald-reingucken-und-zu-mir-Gucken ein wichtiges Werkzeug.
Dieser Tage hatten wir einige doch echt nahe Reh-Begegnungen, und ich bin ja derzeit mit vier Hunden unterwegs. Ich habe mal versucht, für euch ein bisschen zu filmen, wie dieses Reingucken-Rausgucken aussieht. Wir haben zu Beginn des Spaziergangs Rehe getroffen, sind im Kreis um einen Berg rumgegangen, und stoßen am Ende wieder auf die Stelle, an der die Rehe waren. Ich zeige euch hier echtes Leben, kein ich-bin-so-eine-tolle-Trainerin-Video – im Nachhinein denke ich dann auch, „ach, da hätte ich mal rufen können“, und „da hätte ich mal lieber nicht gerufen“ und so weiter. Und einmal bewerfe ich den armen Mauri mit einem Keks und er erschreckt sich… Videos vom Aufbau und vom idealen Training dieser Sachen findet man eher (wobei ich dafür plädiere, sich das von einem Trainer zeigen zu lassen, eben weil es „eigentlich“ so einfach ist, und doch schnell schief geht) – aber wie das im echten Leben aussieht, wie es klappt und auch mal nicht klappt, worauf ich bei den Hunden achte, wohin ich schaue, wann ich was mache: davon bekommt ihr hier vielleicht einen kleinen Eindruck. Ich empfehle, den Ton einzuschalten.