„Das geheime Leben der Hunde“ von Elizabeth Marshall Thomas erzählt von Hunden, die sich von unseren gewöhnlichen Haushunden signifikant unterscheiden: Marshall Thomas erzieht ihre Hunde nicht, und hält sie nicht im Haus fest. Die Hunde bewegen sich frei, und bestimmen ihren Tagesablauf selbst. Marshall Thomas folgt ihnen dabei, begleitet sie auf ihren teilweise sehr ausgedehnten Rundgängen, und beschreibt, was sie tun und wie sie es z.B. schaffen, im Straßenverkehr zurechtzukommen. Ich halte das für einen interessanten, reizvollen und auch unterhaltsamen Ansatz. Die Beschreibungen der Autoren sind detailliert, aber sie scheut vor Interpretationen nicht zurück. Vielleicht ist es mein Philosophenherz, das da immer ein bisschen zuckt, wenn sie fragt: „Was bedeutet das?“ Marshall Thomas macht keinen Hehl daraus, dass sie anthropomorphisiert, und diese Offenheit nimmt mich wieder für sie ein. Für sie steht fest, dass Tiere ein Bewußtsein haben, dass sie denken, aufgrund von Überlegungen und Abwägen Entscheidungen treffen, usw. Ich finde das alles sehr schwierige Fragen, und die Klarheit der Position, die in „Das geheime Leben“ vertreten wird, ist angenehm, auch wenn ich ihr nicht in allen Punkten folgen mag. Empfehlenswert finde ich dieses Buch nicht nur, weil es unterhaltsam ist, sondern weil es für einen Punkt sensibilisiert, der auch für den so viel restriktiver gehaltenen Haushund zutrifft: Dass der Hund nämlich bei aller Unterordnung und Hingabe ein Wesen mit gewisser Eigenständigkeit ist, die es zu respektieren gilt. Und meines Erachtens auch: zu fördern. Selbständigkeit zum Beispiel lässt sich trainieren – nicht derart, dass der Hund anschließend allein und sicher den Highway überquert, wie der im Buch beschriebene Husky – aber derart, dass der Hund Zutrauen in seine eigene Fähigkeit fasst, Probleme zu lösen. Ganz einfache Leckerchenversteckspiele können ein Anfang sein, oder lernen, durch Vorhänge zu gehen, Hindernisse zu umrunden, usw. usf. Nicht als zusätzlich gelernte „Tricks“, sondern in dem Versuchen, sich auf das – nennen wir es so:- „Denken“ des Hundes einzulassen, abzuwarten, möglichst wenig Hilfestellung anzubieten. – In der Erkenntnis, dass der Hund ein Anderer ist, ein anderer als ich, ein von mir getrennter Geist mit einer mir strukturell unergründlichen Gedankenwelt – dasitzen. Ihn anschauen. Staunend. Das scheint mir der faszinierende Grundgedanke dieses Buches zu sein, von dem aus es kein großer Schritt mehr ist dahin, den Hund möglichst unbeeinflusst lassen zu wollen und ihm einfach hinterherzuschleichen, im Wunsch etwas über diese faszinierende Fremdheit zu erfahren.
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Ja, dieses Buch gehört auch zu Frauchens Lieblingsbüchern!
http://briard-blog.de/blog/post/1/263
Wuffwuff
Merlin und Dojan