Ich trainiere nicht nur Hunde gewaltfrei, ich bemühe mich um ein gewaltfreies Leben. Aus Überzeugung.
Und ich bin überrascht, dass gerade in der Hunde“erziehung“ Gewaltfreiheit und Belohnung immer wieder hinterfragt wird. Ich habe das Gefühl, nicht die, die zischen, schimpfen, einschüchtern, schubsen, mit Dingen werfen, Leinen rucken, mit Wasser sprühen sind derzeit die, die sich rechtfertigen müssen – sondern die, die loben, füttern, clicken.
Und das in einem Bereich, der eigentlich doch von Liebe und Zuneigung geprägt ist. Wir alle haben doch mal einen Hund „angeschafft“, weil wir ihn knuddeln wollen und mit ihm Zeit verbringen und Spaziergänge gemeinsam genießen.
Dann kam der erste Konflikt: der Hund macht was, was er nicht soll. Oder macht was nicht, was er soll.
Wir mussten und müssen uns mit der Frage auseinandersetzen: Warum tut der Hund, was er tut? Warum sollte er das tun, was ich will? Aus Liebe? Weil er ein Hund ist, und ich ein Mensch? Aus Gewohnheit? Weil es sonst unangenehm für ihn wird?
Verhalten erfüllt immer eine Funktion. Kein Lebewesen macht etwas einfach nur so, auch nicht sich hinsetzen, wenn jemand „Sitz“ sagt, oder neben jemandem hergehen, der einem einen Strick an den Hals macht. Auch nicht, wenn es ein Hund ist.
Das heißt: ich als Mensch muss machen, dass es für meinen Hund eine Funktion erfüllt, das zu machen, was ich möchte.
Ich kann es doof finden, diese Macht zu haben. Davon verschwindet sie aber nicht. Ich kann höchstens so tun, als würde ich nicht erziehen, nicht verstärken, nicht bestrafen. Ich kann es andere für mich machen lassen. Aber ich kann die Gesetze von Lernen und Verhalten nicht umgehen.
Das heißt: am Ende steht jede*r einzelne Hundebesitzer*in vor einer ethischen Frage, vor der sich nicht hundebesitzende Menschen leichter drücken können: Will ich meine Interessen gegenüber diesem mir anvertrauten Lebewesen mit Zwang und Gewalt durchsetzen, oder will ich das nicht?
Ist das nicht eine tolle Chance?