In Hundebegegnung, Hundeleine, Hundepsychologie, Mensch-Hund-Beziehung, Philosophisches zu Hunden

Spazieren gehen ist ja eigentlich eine einfache Sache, und die meisten Menschen kriegen es auch ganz gut hin. Man bleibt im Großen und Ganzen auf den vorgesehenen Wegen, man rennt nicht in andere Leute hinein, macht ihnen nötigenfalls ein bisschen Platz, Leute, die man kennt, grüßt man außer sie sind doch zu weit weg oder sie signalisieren dass sie nicht gesehen werden wollen oder es wäre jetzt zu aufwändig. Kommt einer entgegen, so schaut man ihn nicht zu lange an, guckt aber auch nicht unbedingt verschämt zu Boden je nach Gegend und Situation grüßt man auch fremde Entgegenkommende. Will man jemanden überholen, so macht man das mit ein bisschen Abstand, und wie man über die Straße geht wissen auch die meisten Menschen.

Wenn man es sich genau überlegt sind es also doch ganz schön viele Regeln, die wir beim Spazieren gehen beachten – aber, im Großen und Ganzen kriegen die Leute das hin.

Sehr viel schwieriger wird es komischerweise, wenn man ihnen eine Leine in die Hand drückt.

Mit Hund geht man gewissermaßen in zwei Welten gleichzeitig spazieren: In der Menschenwelt, in der wir uns auskennen, und in der, uaah, NATUR. Unser eigener Hund gehört in beide Welten, aber auf dem Spaziergang wird ganz deutlich, wie sehr er eben auch NATUR ist. Da wird rumgeschnüffelt und an den ekligsten Sachen das größte Interesse gezeigt. In der Welt der Natur wimmelt es plötzlich von Kaninchen, Feldhasen, Vögeln, anderen Hunden, Menschen-die-Angst-vor-Hunden-haben, Menschen-die-komisch-riechen, Menschen-die-sich-komisch-bewegen, Nachrichten anderer Hunde, plötzliche Bewegungen im Unterholz, der Duft von Wildschweinen in der Ferne.

Und zwischen den Welten die Leine.

Eine Leine kann aber zwei Welten nicht zusammenhalten. Das kann nur etwas anderes: Kommunikation.

Wenn ich mit Habca draußen bin, und alles ist gut, dann sind wir in einem stetigen Gespräch: „Guck mal, die Kaninchen da vorne, darf ich da hin?“ – „Nein, komm, wir machen was anderes lustiges.“ – „Gehen wir da lang?“ – „Ach nein, ich will aber lieber dalang!“ – „Na gut, wenn Du meinst, heute also hierlang, morgen wieder dalang.“ – „Kennen wir den davorne nicht?“ – „Meinst Du das ist Tommyherrchen?“ – „Nein, Quatsch, den kennen wir nicht.“ – „Mmmh, hier riechts gut, warte mal kurz!“ – „Also mich interessiert das nicht, ich geh weiter.“ – „Oh, was für ein toler Stock, sieh mal!“ – „Ich hatte ihn zuerst!“ (wir lieben beide Stöcke, die einen rechten Winkel bilden und müssen dann immer kurz darum streiten).

Das ist ein fortgeschrittenes, über vier Jahre gewachsenes Vokabular. Ein paar Brocken Spaziergehkommunikation reichen schon für eine vernünftiges Miteinander: „Boah, da, interessant!!“ (sollten beide sagen und beide voneinander verstehen können) – „Halt! Stop! Gefahr!“ (genauso), und, vom Mensch zum Hund: „weiter“, „raus da“, „Richtungswechsel“ und irgendeine Form von „komm bitte in meinen Einwirkungsbereich“. Dazu noch ein regelmäßiger, unaufgeforderter Blickkontakt von beiden, also so was wie: „Hey Kumpel, wir sind hier zusammen unterwegs“ – Damit kommt man schon weit!

Aber ich seh das nicht oft draußen. Oft seh ich zwei mehr oder weniger einsame Wesen, jeder in seiner eigenen Welt unterwegs, durch eine Leine notdürftig aneinandergeknotet.

Showing 2 comments
  • Jürgen

    Du sprichst mir aus der Seele.
    Noch schlimmer ist es wenn der Mensch sofort nach dem Handy greift und telefoniert. Besser kann man seinem Hund nicht zeigen dass man kein Interesse hat mit ihm zusammen was zu erleben.
    Und am schlimmsten wenn der Hund ängstlich ist und der Mensch 20m vorne weg und sich einen Dreck darum schert das der Hund Unterstützung braucht. Aber dann wundern warum der Hund in kritischen Situationen nicht hört.

    Genau dieser „Wir sind ein Team, und sind zusammen unterwegs“ Blick macht mich immer wieder glücklich.

  • Trudy

    Hallo Miriam
    ich bewundere, wie gut, interessant und spannend du ein Thema zu Papier bringen kannst! Normalerweise lese ich nicht gerne im Internet, das ermüdet so sehr. Deine Artikel hingegen ermüden nicht, sie bringen einen zum Schmunzeln oder Nachdenken…

    Ich erzähle ja jedem der es hören will oder auch nicht, dass es an Stress grenzt, zwei Hunde zu haben.
    Wie du beschrieben hast, bilden Hayka und ich seit 8 Jahren ein eingespieltes Team. Manches funktioniert sogar mit Blickkontakt.
    Jetzt ist die ungestüme Ayana dazu gekommen. Auf den Spazis erfordert sie beinahe meine ganze Aufmerksamkeit. Mich selber muss ich ebenfalls beobachten, ob ich auch BEIDEN Hunden gerecht werde.
    Und wenn so richtiges Fotowetter ist, muss ich sogar auf 3 Dinge aufpassen..
    Liebe Grüsse, Trudy

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