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Ich habe behauptet, jede/r einzelne Hundebesitzer*in stünde vor der Entscheidung: bringe ich dieses mir anvertraute Lebewesen mit Zwang und/ oder Gewalt dazu, zu tun, was ich möchte, oder mit anderen Mitteln?

Das ist eine moralische Entscheidung.

Denn beides ist möglich. Beides funktioniert. Beides kann man gut oder schlecht machen.

Wenn das so ist – dann fällt mir kein einziger Grund mehr ein, der Gewalt in der Hundeerziehung rechtfertigt.

Was ich höre, ist:

  • „mit Strafe geht Training schneller“ – aber das ist nirgendwo belegt. Es könnte daher stammen, dass Training über Strafe dem Menschen ersteinmal kurzfristige Bestärkung einbringt, denn das Verhalten ist mal kurz verschwunden. Beispiel. Hund bellt – Mensch drückt ihn runter – Hund ist still. Puh, Erleichterung! Der Mensch wird also verstärkt, macht es wieder so. Und wieder. Denn: der Hund wird in derselben Situation ja höchstwahrscheinlich wieder bellen. Weil er ein Problem hat, und nicht gelernt hat, damit umzugehen. Oder er wird ein anderes Problemverhalten entwickeln, zum Beispiel nach der Hand, die ihn runterdrücken will, schonmal vorsorglich schnappen.
  • „nur mit Strafe erzielt man sichere Ergebnisse“: man kann mit Strafe einen Hund so kaputt machen, dass er quasi gar nichts mehr macht, ja. Aber das wollen selbst die, die über Strafe trainieren, doch nicht. Daher greift hier, was ich oben gesagt habe: Man kann mit Strafe und mit Belohnung gut und schlecht trainieren. Training mit Belohnung heißt nicht, irgendwie irgendwann Futter reinstopfen. Aber manche Trainer*innen tun das. Das funktioniert nicht besonders gut, und erzeugt kein sicheres Verhalten.
  • „wenn es um ernsthafte Probleme wie Aggression geht, ist aber Schluss mit lustig, dann muss Strafe sein“: nein, gerade dann nicht. Denn Aggression erzeugt Aggression, Gewalt erzeugt Gegengewalt, und es ist Aufgabe des Menschen, aus dieser Spirale auszusteigen, und dem Hund einen anderen Weg aufzuzeigen. Warum? Einfach weil der Mensch das größere Frontalhirn hat und ein bisschen besser planen kann. Und weil er nunmal verantwortlich ist für den ganzen Schlamassel.
  • „in Einzelfällen muss man sich schonmal über Strafe durchsetzen, wenn sonst nichts funktioniert“: wenn sonst nichts funktioniert, hat das einen Grund.Wenn ein Trainer das zu mir sagt, wie erst kürzlich geschehen, dann ist der Grund: dieser Trainer weiß noch nicht genug, kann noch nicht genug, und sollte sich beraten lassen, anstatt Hunde ausbaden zu lassen, dass in Deutschland immer noch ungefähr jede*r als Hundetrainer*in praktizieren darf, 11er hin oder her. „Gewalt fängt da an, wo Wissen endet“. Aber das Ende meines Wissens ist keine gültige Rechtfertigung für Gewalt!
  • „der muss doch mal wissen, wann Schluss ist!“ – der Hund muss wissen, was er tun kann, damit es ihm gut geht. Wie er mit Situationen umgehen kann. Der Mensch kann und muss machen, dass sich genau dieses Verhalten für den Hund lohnt. Die Welt wird das nicht für ihn tun, die neigt dazu, Jagen (Hase läuft weg! Hormonrausch!), Bellen (Einbrecher, äh, Postbote vertrieben!), unangemessene Aggression („boah, den habe ich beeindruckt, der macht mich nicht nochmal blöd an!“) zu belohnen. Ein Hund, der weiß, wie er sich in welcher Situation verhalten kann, und dass er im Zweifelsfall Schutz bei seiner Halterin findet, braucht nicht zu „wissen, wann Schluss ist“.

 

Die Frage muss heute meines Erachtens nicht mehr heißen „warum trainierst du gewaltfrei“, sondern: Warum nicht gewaltfrei?

 

Mehr darüber, was ich unter Gewalt/ Gewaltfreiheit verstehe:

Was heißt „gewaltfrei“ im Hundetraining?

Muss es unangenehm sein?

Mehrhundehaltung – kein Grund grob zu werden