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Es ist jedes Mal wieder ein spannender Moment auch für mich, mit neuen Kunden herauszuarbeiten, was ihr Ziel im Hundetraining ist. Wo soll die Reise hingehen?

Wir sollten uns dieses Ziel nicht von Büchern, Fernsehsendungen oder der vermeintlichen Meinung anderer Leute vorschreiben lassen. Auch das beste Buch weiß nichts über dich und deinen Hund – und nur darum geht es. Um euch zwei. Wie kann, wie soll euer Zusammenleben aussehen?

Oft ist der Ausgangspunkt für mich und meine Kunden tatsächlich, wie es aussieht: Welche Hund-Mensch-Teams da draußen findest du gut? Und warum? Wie möchtest du mit deinem Hund unterwegs sein? (Da darf man ruhig auch mal träumen.) Das, was Menschen sich hier wünschen, hat oft mit Kontrolle zu tun: der Hund soll machen, was ich sage, sofort, soll nah bei mir laufen, vielleicht hinter mir, wie mein Schatten, soll jederzeit kommen, wenn ich ihn rufe. Manche Menschen wünschen sich eine tiefe, besondere Freundschaft und Verbindung zu ihrem Hund. Das hat manchmal mit Kinderträumen und Jugendbüchern zu tun.

Oft geht es viel mehr darum, wie das Ganze sich für dich, den Menschen anfühlen soll, als für den Hund: ein klarer Anführer wollen viele sein.

Der Hund soll dem Menschen vertrauen, soll ihm das Gefühl geben, geliebt zu sein. Das ist auch einer der Gründe, dass es sich so schlimm anfühlt, wenn der eigene Hund einen stehen lässt (und zum Beispiel Jagen geht). Aus dem Vertrauen soll Gehorsam erwachsen, und eine gewisse Selbstaufgabe.

Wie ist das bei dir?

Ein tolles Buch über die emotionale Verstrickung von Mensch und Hund, über die menschlichen Wünsche an den Hund, ist übrigens Marjorie Garbers „Dog Love“ (Werbelink).

Wollt ihr meine Meinung dazu hören?

Mein Ziel ist ein (möglichst) gutes Leben – für diesen Mensch und diesen Hund. Das beinhaltet:

  • keine Gefährdung der Umwelt
  • keine Eigengefährdung
  • Erfüllung von Bedürfnissen, insbesondere der Wunsch beider Arten, in Beziehung zu sein
  • ein (möglichst) „artgerechtes“ Leben für beide
  • Gewaltlosigkeit im Umgang miteinander, insbesondere auf Seiten des Menschen.

Hinzu kommt

Meine ethische Grundannahme:
Die grundlegende Unfreiwilligkeit und Unfreiheit des Hundes, über sein Leben zu entscheiden, verpflichtet uns dazu, ihm zu ermöglichen, in diesem Rahmen ein gutes Leben zu führen.

Der Hund hat sich nämlich nicht ausgesucht, hier und jetzt und so und mit uns zu leben. Er sucht sich nicht mal sein Futter, seine Sexualpartner oder seinen Tagesablauf aus. Das alles haben wir bestimmt. Deshalb ist es unsere Pflicht, das Ganze für den Hund gut lebbar zu gestalten.

Training ist der Weg, ihm die notwendigen Regeln dieser Welt zu erklären.

Ein Beispiel: wenn wir eine Leine benötigen, sind wir in der Pflicht, dem Hund zu erklären, wie man mit einer Leine so laufen kann, dass es nicht unangenehm ist. Und zwar so schonend, gewaltfrei, verständlich und schnell wie möglich.

Deshalb, so glaube ich, brauchen wir gutes, effizientes, tierschonendes Training. Deshalb sind wir verpflichtet, uns als Hundehalterinnen mit Training zu beschäftigen. Damit, was heute möglich ist, nicht mit Legenden und Überlieferungen. Und nicht mit Spielchen, die unser Ego aufpolieren.

Heute kann man ja von fast jedem Trainer Clips auf YouTube anschauen: schaut euch da mal die Hunde an. Wie geht es denen? Fragt euch, was das Ziel des Trainings ist oder zu sein scheint. Was will ein Trainer mir damit sagen, wenn er einen Film postet, wie er eine Hundegruppe ohne Leine eng bei Fuß oder hinter ihm durch eine Innenstadt „führt“? Was will ein Trainer damit sagen, wenn er filmt, wie ein Jagdhund aus dem Hetzen mit einem Pfiff stoppt und Stehen bleibt? Wie fühlt sich dieser Hund damit? (Vom Wild ganz zu schweigen)? Und wie fühlt sich der Mensch, der seinen Hund quasi fernsteuern kann?

„Kontrolle über den Hund“ ist ein schwieriges Thema, finde ich, auf das ich hier ja immer wieder zurückkomme. Als Trainingsziel, oder als Maxime für das Zusammenleben von Mensch und Hund ist es meines Erachtens nicht geeignet.

Was willst du von deinem Hund – und was willst du für deinen Hund? Diese Fragen hängen eng zusammen. Und wenn wir auf sie eine Antwort gefunden haben, sollte diese Antwort all unsere kleinen Entscheidungen und unser Training leiten. Dann werden wir automatisch viel klarer, lassen uns weniger durch Bücher und Meinungen verwirren und können von Trainern genau das einfordern, was wir brauchen, ohne uns ihre Ziele überstülpen zu lassen.

 

Mehr dazu lesen:
https://www.diehundephilosophin.de/blog/aggression/musst-du-kontrolle-ueber-deinen-hund-haben/ https://www.diehundephilosophin.de/blog/tierpsychologie/kooperatives-nagel-trimmen-beim-hund/ https://www.diehundephilosophin.de/blog/hundepsychologie/wenn-kleine-gesten-der-freundschaft-missverstanden-werden/

https://www.diehundephilosophin.de/blog/tierpsychologie/minimal-invasives-hundetraining/
https://www.diehundephilosophin.de/blog/aggression/freiheit-fur-hunde/